Michael Jackson liebte die große Geste, die extreme Dramaturgie und Stilisierung. Das bezog sich sowohl auf seine Musik als auch auf deren visuelle Umsetzung gerade in den kurzfilmartigen Musikvideos. Das Video zum „Earth Song“ aus dem Jahr 1995 hat mit 6:45 Minuten die typische Länge der Jackson-Kurzfilme. Es fängt ruhig und langsam an und steigert sich zum musikalisch-visuellen Orkan.
Das Video zur Klimakatastrophe und zum Raubbau an der Natur erlangt gerade wieder angesichts der Waldbrände im Amazonasgebiet traurige Aktualität. Interessant auch, dass Michael Jackson in seinen Musikvideos zwischen extremem Eskapismus und aufrüttelnd-dokumentarischen Videos wechselt. Übrigens sind die im Video gezeigten Menschen keine Schauspieler sondern die Ureinwohner der Regionen.
Michael Jackson, Der Menschenfreund
Das Stück stammt aus dem Album „HIStory – Past, Present and Future Book I“ (wobei es nie je ein „Book II“ gegeben hat). Das Doppelalbum „HIStory“ besteht zur einen Hälfte aus neu abgemischten Hits, zur anderen Hälfte aus neuem Material. Das Stück „Earth Song“ ist im Zusammenhang mit anderen Videos zu sehen, in denen Jackson den Fokus weit aufzog und sich für Völkerverständigung oder hier ökologischen Wandel und Mitmenschlichkeit einsetzte. Dazu gehören „We are the world“ von 1985 (geschrieben von Michael Jackson und Lionel Richie), „Man in the mirror“ von 1988 und „Heal the world“ von 1992.
Vom Superstar zum Medienzombie
Michael Jackson, dem viele Jahre alles gelang, was er anfasste, geriet zusehends unter Druck. Es begannen Gerichtsprozesse um Kindesmissbrauch, die er alle gewann. Sein Image wurde dadurch aber bleibend geschädigt, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen. Wer in der Öffentlichkeit steht wie Michael Jackson, bei dem reicht schon die Behauptung. Außerdem bahnten sich Spannungen mit seiner Plattenfirma an, die später darin mündeten, dass sein letztes Album „Invincible“ kaum beworben wurde. Dies vor allem, weil Jackson angekündigt hatte, die Plattenfirma zu wechseln.
Weltmusik zwischen Afrika und Amerika
Das grammynominierte Video wurde vom Künstler und Fotografen Nick Brandt (Jahrgang 1966) gedreht, der später ein bekannter Tier- und Naturfotograf wurde. So wie Jackson eine Art Weltmusiker war, der verschiedene musikalische Einflüsse verarbeitete, zwischen Rock, Soul, R&B, Disco und Hip Hop vermittelte und in allen Teilen der Welt gehört wurde, so nutzte er immer wieder Musikvideos für multikulturelle Themen. Gefilmt wurde an vier Standorten: im afrikanischen Tanzania, in Südamerika im brasilianischen Amazonasgebiet, in Nordamerika in New York und in Europa in Kroatien.