Handykopf

Unsere Zeiten werden dominiert von kommunikationsfähigen Taschencomputern. Der Begriff „Smartphone“ dafür ist ein Anglizismus, wie übrigens direkt oder indirekt viele andere Begriffe aus dem Bereich des Mobilfunks Anglizismen sind. Manche tun aber auch nur so.

Welche Begriffe gibt es für Mobiltelefon-Begriffe wie „Handy“ oder „Smartphone“ und was ist ihr Ursprung und ihre Bedeutung?

„Handy“: Vom „Walkie-Talkie“ zum „Handie-Talkie“

Der Begriff „Handy“ stammt wohl nicht aus Deutschland. Er hat seine Wurzeln im Englischen. Bereits in den 1940er-Jahren wurden im englischsprachigen Raum leichte, transportable Funkgeräte „Handie-Talkies“ genannt – im Gegensatz zu den schweren Rucksack-Funkgeräten „Walkie-Talkies“. In den 1970er-Jahren gab es die Bezeichnung „Handy“ für kleinere „Hand-held transceiver“ im Amateurfunk. In Deutschland fand der Begriff vor der eigentlichen Handywelle in den 1980er-Jahren Verwendung, populär wurde er ab 1992 als mit dem LoeweHandyTel 100 das erste deutsche D-Netz-Mobiltelefon vorgestellt wurde. Ob der Begriff Handy tatsächlich so entstanden ist, ist nicht gesichert. Anfänglich wurden die frühen Mobil-Telefone „Funktelefon“ oder „GSM-Telefon“ genannt, letzterer Name bezog sich auf den Mobilfunk-Standard „GSM“ (= erst: „Groupe Spécial Mobile“; dann: „Global System for Mobile Communications“). Ein liebevoller Kosename, der sich auf die Form des Telefonhörers bezog, war „Knochen“. Dabei ist Handy ein Scheinanglizismus. Denn der Begriff wird im Englischen nicht verwendet. Er wird dort lediglich adjektivisch eingesetzt, ohne Bezug zur Mobilfunktechnologie. Er bedeutet dort etwa handlich oder praktisch.

„Cellphone“: „Cell“, „Handheld“ oder „Handset“?

Was bei uns das Handy ist, wird im Englischen „Cellphone“ genannt. Der Begriff hat seinem Ursprung im Begriff „Cellular network“ für „Mobilfunkzelle“ bzw. „Funkzelle“ als Teil eines Mobilfunknetzwerkes. Jede Funkzelle ist als eigene Einheit mit eigener Cell-ID aufzufassen. Im Englischen/Amerikanischen gibt es weitere inhaltsgleiche Begriffe: „Mobile Phone“, „Hand Phone“ oder die Kurzfassungen „Cell“, „Celly“, „Mobile“ oder „Phone“. Weniger gebräuchliche Versionen wären „Handheld“ oder „Handset“.

„Smartphone“: Der Multimedia-Taschencomputer

„Smart“ bedeutet im Englischen soviel wie „klug“, „schlau“ oder „intelligent“. Bei diesen Begriffen liegt der Fokus auf der Leistungsfähigkeit des Gerätetyps. Eine etwas andere Bedeutung erhält es durch Konotationen wie „gewitzt“, „raffiniert“, „clever“ oder „pfiffig“. Hier liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf dem nicht immer genau fassbaren Mehr, das das Smartphone ins digitale Leben bringt – ist es doch inzwischen zum Beispiel die wesentliche Echtzeitschnittstelle zum Web. Clever mag auch sein, mit kleinen Apps fast jedes Alltagsproblem angehen zu können: Ob mit dem Barcode-Scanner für weitergehende Informationen, der Liste der Inhaltsstoffe von Produkten oder als Fährtensucher mit Navigationssystem. Die Apps machen aus dem Smartphone eine Art Schweizer Messer für alle Eventualitäten. „Smart“ lässt sich außerdem mit „fein“ oder „schick“ übersetzen. Man sagt das zum Beispiel über jemanden, der gut oder interessant aussieht. Dies hebt auf die puristisch einfache Gestalt des Smartphones als Accesoire der Persönlichkeit ab. Man sieht an der Unterschiedlichkeit der Eigenschaftsausdeutung, dass der Begriff des „Smartphones“ neue Qualitäten beinhaltet. Jedenfalls ist es technologisch die bisherige Krone der Mobilfunktechnologie, wobei es eher ein kleiner Taschencomputer ist als ein Handy. Denn zu telefonieren ist fast schon eine untergeordnete Eigenschaft. Per Touchscreen und Browser ins Internet zu kommen, zu chatten und zu E-mailen sind zentrale Eigenschaften. App-Basierung und Multimedia-Funktionalitäten mit Kamera und Sprachassistent tun ein übriges dazu. Die Geschichte des Smartphones liest sich wie folgt:

  • 1980: Anfang der 1980er-Jahre erschienen für das Organisieren von Daten, Adressen und Terminen die sogenannten „Electronic Organizer“, die sich historisch aus den Taschenrechnern entwickelten. Ihre Grundfunktion wurde mit „Personal-Information-Manager“ (PIM) bezeichnet.
  • 1990 hatte Apple den „Newton“ als „Organizer“ und „MessagePad“ vorgestellt und ihn „PDA“ (= „Personal Digital Assistant“/„Persönlicher digitaler Assistent“) genannt.
  • 1994 wurde ein Gerät von IBM und Bell South entwickelt, das Smartphone-Funktionalität aufwies und „Personal Communicator“ genannt wurde.
  • 1997 erschien mit dem „Nokia 9000 Communicator“ ein tastaturbasieres Klapp-Mobiltelefon. Der Begriff „Smartphone“ stammt ebenfalls aus diesem Jahr, in dem das „Ericsson GS88“ als solches vorgestellt wurde, allerdings nicht auf den Markt gelangte.
  • 2003 bezeichnete T-Mobile einen Teil seiner Geräte als „MDA“ („Mobile Digital Assistant“).

Das übergroße Smartphone: „Phablet“ oder „Smartlet“

Ist das Smartphone zu groß und nähert es sich der Tabletgröße, wird es als Wortkreuzung auch „Phablet“ genannt, ein zusammengesetzter Begriff aus „Phone“ und „Tablet“. Eine andere inhaltsgleiche Wortkreuzung ist „Smartlet“ bestehend aus den Begriffen „Smartphone“ und „Tablet“.

„Feature-Phone“: Ist weniger mehr?

„Feature“ ist ein Merkmal, im Sprachgebrauch manchmal ein besonderes Merkmal. Das Feature im Begriff „Feature-Phone“ ist also ein aufwertender Begriffsbestandteil. Der Begriff legt nahe, dass ein Mobil-Telefon, das mehr kann als Telefonanrufe zu tätigen und Texte per Textmessaging zu verschicken, mehr Features hat als das vorherige Mobil-Telefon. Das Feature-Phone verfügt über ein User-Interface aber nicht über ein eigenes großes Betriebssystem/Operating System (OS), wie das die Smartphones mit den Betriebssystemen „Android“ oder „iOS“ haben. Ein Feature-Phone kann deshalb nicht auf einen Appstore zugreifen und verfügt über keinen Touchscreen. Es kann aber Kamera, Radio, Spiele, Musikplayer und Webbrowser integriert haben.

„Dumbphone“: Vom schlauen zum dummen Handy

Das englische Adjektiv „Handy“ bedeutet nützlich oder praktisch. Unser in Deutschland lange Zeit gebräuchliche Mobil-Telefon-Begriff „Handy“ bezog sich auf die neue positive Erfahrung mobil und damit frei allerorts telefonieren zu können, was sehr praktisch war. Der Begriff „Handy“ wurde heute in der Zeit der tragbaren Computer inform des Smartphones, ins Gegenteil umgemünzt. Nun heißen Handys mit dem damaligen Leistungsumfang im englischsprachigen Raum zum Teil aber auch im deutschen „Dumbphones“, wobei „Dump“ im besten Falle „stumm“ meint, aber eigentlich im Sinn von „dumm“, „dämlich“, „doof“ oder sogar „bescheuert“ gebraucht wird. Was in den Anfangszeiten der Mobilfunktechnologie also als nützlicher Quantensprung empfunden wurde, ist in Zeiten des Taschencomputers „Smartphone“ ein Ausdruck für die Begrenztheit der Möglichkeiten und damit Negativkriterium, das sprachlich abgewertet wird. Dumbphones werden vornehmlich in ärmeren Ländern vertrieben.

„Kosher-Phone“: Das koschere Handy und Smartphone

Im englischen Sprachraum gibt es den hier nicht geläufigen Begriff des Kosher-Phones, das mit „Koscher-Handy“ übersetzt wird. Der Begriff „koscher“ hat auch Eingang ins Deutsche gefunden. Dabei wird es oft in der verneinenden Form im Sinne von „das ist nicht koscher“ oder „nicht ganz koscher“ verwendet. „Koscher“ bedeutet „in Ordnung“, „gut“, „unbedenklich“. Der jiddische Begriff bezieht sich auf die ultraorthodoxe (= streng orthodox bzw. charedische) jüdische Religion, die vor allem Anweisungen für die Zubereitung von Speisen an der Tora ausrichtet. Die Tora ist in fünf Büchern der Anfangsteil der hebräischen Bibel „Tanach“ und damit die Entsprechung zu unseren fünf Büchern Mose, bei uns „Pentateuch“ genannt. Koschere Speisen oder Geräte wie das Smartphone beziehen sich auf die Halacha, die jüdischen Religionsgesetze. Bei Smartphones meint dies eine vollständige Kompatibilität mit dem orthodoxen jüdischen Glauben. Das bedeutet in der Anwendung, Mobiltelefone in ihrer Funktionalität so einzuschränken, dass sie nicht sündhaft genutzt werden können. Dabei sind zwei Phasen mit unterschiedlichen Funktionalitäten zu unterscheiden. Das erste koschere Handy aus 2011 hatte eine jiddische Menüführung. Dabei waren Internet und E-Mail nicht möglich, was mit einschließt, dass soziale Netzwerke nicht genutzt werden konnten. SMS war ebenso ausgeschlossen und eine Kamera nicht vorhanden. Klingeltöne gab es in Form von Volksliedern, die orthodox anerkannt waren. Außerdem war das Telefonieren als Hauptfunktion am Sabbath erheblich teurer, weil dort eigentlich nicht telefoniert werden sollte, da die Nutzung elektrischer oder elektronischer Geräte an Sabbath generell verboten ist. In einer zweiten Phase ab 2013 wurde, nachdem eine Blackberry-Lösung zu geringe Nachfrage gehabt hatte, ein herkömmliches Android-Smartphone entwickelt, das grundsätzlich über Internetzugriff und E-Mail-Funktion verfügt, die aber eingeschränkt werden. Es ist damit also nicht möglich, jede Webseite zu besuchen oder an jeden Adressaten E-Mails zu verschicken.