Wäre Tom eine Ratte gewesen und das Straßensystem ein Labyrinth für Tierversuche, und hätte man ihn von weit oben beobachtet, wie er vor Kälte gebeugt die Straßen entlang streifte, dann hätte man erstaunt festgestellt, wie zielgerichtet seine Bewegungen schienen. Sie hatten ein chaotisches Element, das davon geprägt war, dass er oft abbog, unvermittelt enge Schleichwege nahm – aber nur, weil er die Gegend, in der er aufgewachsen war, andererseits kannte wie seine Westentasche.
Sein Weg führte ihn durch Einfahrten mit angrenzenden Innenhöfen, einmal über ein kleines Mäuerchen, über einige flache Treppen, die an eine Häuserzeile säumten und zwei Straßen auf unterschiedlichen Höhenniveaus miteinander verbanden. Wäre er außen herum die Straße entlang gegangen, hätte es doppelt so lange gedauert. Manchmal fragte Tom sich, wo sein Zuhause ist. Wenn er durch seine Viertel streifte, dann fühlte er sich wohl. In den eigenen vier Wänden weniger. Sie engten ihn ein, beschnitten seine Freiheit. Tom war ein Mensch mit großem Bewegungsdrang.
2 Responses to “Bewegungsklang”
[…] Bewegungsklang […]
[…] Schließlich gelangte Tom an die zurückgesetzte Tür ganz hinten links, am Ende der Betonrampe. Es war die einzige Tür an der ganzen langen Front, die solchermaßen wind- und wettergeschützt war. Alle anderen Türen waren bündig mit den Wänden und boten keinerlei Schutz. Tom hatte nie darüber nachgedacht, warum das so war. Er sah sich die Tür näher an: War sie nachträglich eingebaut worden? Er konnte es nur schwer einschätzen. Der Bereich um diese Eingangstür schien auch ein paar Jahre auf dem Buckel zu haben wie die anderen. Manchmal gab es im Leben Unwichtiges, das man sich nicht erklären konnte, was einen aber gerade verunsicherte, weil das Kleine letzte Gwissheiten barg. Wenigstens im Kleinen wollte er den Überblick und Durchblick, um Sicherheit zu haben – aber selbst dort gab es sie nicht. Tom hörte ein Geräusch an der Tür. […]