Betrachtet man Fraktale und deren selbstähnliche Unendlichkeits-Strukturen, die aus immer den gleichen Formen, die sich spiralförmig verkleinern oder vergrößern ihre formale Wirklichkeit bilden, kann man sich alles und auch die Unendlichkeit vorstellen. Aber kann man sich angesichts ihrer Fülle auch das Nichts vorstellen oder wird dessen Vorhandensein unwahrscheinlicher?
Früher hätte man an ein ursprüngliches Nichts denken können ohne erklären zu können, was das eigentlich ist, ein Nichts. Man hätte aber auch nicht in Frage gestellt, dass es das Nichts vielleicht gar nicht geben könnte, weil es zum Beispiel ganz laut und völlig still gibt und es gibt Kälte als die absolute Abwesenheit von Wärme oder Stillstand und im Gegensatz dazu die Schnelligkeit. Also muss es gemäß dieser Lebenserfahrungen auch das Nichts als Gegenteil von Sein und Manifestationen geben.
Rechenprozesse der Wirklichkeit
Fraktale als Visualisierungen einer einfachen Formel bilden eine Vorstellung von der Fülle der Wirklichkeit ab. Sie sind vielleicht als Strukturelemente des Wirklichen zu betrachten. Die Physik, die man früher als Laie mit „Eperimenten“ gleichgesetzt hatte, vollzieht sich heute abgehobenermaßen immer mehr in den Köpfen von Elektronenhirnen und deren Rechenoperationen. Die Physik befindet sich damit sozusagen in Geiselhaft der Mathematik und die vollzieht sich in immer schwerer zu durchschauenden Abgehobenheiten. Das ist deshalb schlimm, weil es so dermaßen abstrakt ist, dass man es als Nicht-Mathematiker nicht mehr verstehen kann – und unter Umständen auch als Mathematiker nicht. Das war auch früher tendenziell so, welcher Laie konnte schon das Formelwerk der Relativitätstheorie verstehen? Aber es ist auch nicht besser geworden, seit eine mathematikbasierte Welttheorie die nächste jagt.
Fraktale und Wirklichkeit
Was also will uns die fraktale Sichtweise der Welt nun sagen? Dass es kein Hell und Dunkel gibt? Kein Warm und Kalt? Kein Sein und kein Nichts? Oder ist doch im Grunde alles beim alten geblieben? Das heisst, dass uns im Wesentlichen zu interessieren hat, was es gibt und das Nichts wäre eine Welt, die wir nicht verstehen. Zum einen ist über ein Jahrhundert lang das Thema der Stunde das nach den kleinsten Teilchen. Man hat als allerkleinstes Teilchen das so genannte „Gottesteilchen“, das Higgs-Teilchen, das uns die Grundlage von allem verstehen hilft, gefunden. Im Beschleunigerring ließ sich seine Existenz nachweisen.Aber fast so wie auflösungsunabhängige Digitalfotografie scheint es egal zu sein, ob man nun den kleinsten Baustein gefunden hat oder noch viel kleinere dazukommen könnten. Denn das Universum scheint aus fraktalen, wellenförmig-langweiligen Wiederholungen zu bestehen. Diese Wiederholungen lassen sich in Form mathematischer Formeln abbilden. Sie beschreiben ein Prinzip der Selbstähnlichkeit, variieren in Maßen aber setzen letztlich alles, das wir kennen, aus immer den gleichen sehr einfachen Konstruktionsprinzipien zusammen. Da könnte auch das Nichts aus Wiederholungen, sagen wir aus variierenden Leerschwingungen, bestehen. Oder anders ausgedrückt: Aus dem Fernbleiben jedweder Schwingung, die in der Wirklichkeit, die uns geläufig ist, auch Materie erzeugt.
Alle Dinge sind ein Teil
Schwarz/weiß, heiß/kalt, sein/nichtsein, das war gestern. Heute kommt es nur auf die Art der Schwingung oder deren Nichtvorhandensein an und könnte man wissen, was sich daraus formt oder nicht formt. Dabei bieten Symmetrien und Selbstähnlichkeiten wunderbar effiziente Strukturen, die energetisch auf der Hand zu liegen scheinen. Dass alles irgendwie mit allem verbunden sein könnte, erhält durch dieses universiale Fraktalpuzzle neue faszinierende Nahrung.
Anfang ohne Ende
Auch das Nachdenken über ein klassisches „Anfangs-Ende“ haben wir heutzutage eigentlich nicht mehr nötig. Denn alles könnte ein unendliches Schwingen, ein Prozess der permanenten Umwälzung, der Transformation und Metamorphose sein. Ohne Anfang, ohne Ende: kein Sein, kein Nichts, kein Leben, kein Tod. Alles nur eine gigantische Wellenbeweung. Das Ende Der Welle ist zugleich ihr Anfang. „Wirklichkeits-Recycling“ könnte man das nennen – und dessen Visualisierung wären wiederum die Fraktalstruktur.
Leben und tote Materie
Die Vorstellung, dass es aus der Perspektive von außerhalb des Lebens keinen Tod gibt, ist für uns ebenso schwierig wie, das Nichts zu begreifen. Müssen wir doch davon ausgehen, dass wir leben und dass das das Qualitätskriterium unserer Existenz ist. Und doch könnten wir kaum dagegen argumentieren, wenn man uns vorhalten würde, wir würden uns in einem System von uns erschaffener Begrifflichkeiten bewegen, wie eben dem Begriff vom „Leben“. Also können wir uns innerhalb dieses Systems philosophisch kaum wertfrei-objektiv bewegen. Ein qualifiziertes „Außerhalb“ als Denkposition gibt es für unsere Erkenntnisprozesse nicht. Vielleicht sind deshalb Zombies in der Populärkultur so erfolgreich geworden, weil wir selbst an unserer Einmaligkeit und Lebendigkeit Zweifel hegen – wir, die wahren Untoten.
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