Es gibt zwei amerikanische erfolgreiche Protagonisten der alternativen Medien in den USA, die früher mal frohlocken konnten: Podcaster Joe Rogan hat inzwischen mit Spotify einen 100-Millionen-Dollar-Deal abgeschlossen, der beinhaltet, dass die Plattform exklusiv seine Podcasts veröffentlichen darf. Und Jordan B. Peterson hatte mit seinem Buch „12 Rules for Live“ Lebenshilfe vor allem für orientierungslose amerikanische Männer geleistet und wird von ihnen vergöttert.
Beide sind Personen des öffentlichen Lebens und der alternativen Medien-Szene geworden. Jordan Peterson hat sich im politischen Fahrwasser von Donald Trump als wortgewaltigem autoritärem Apologeten neuer Männlichkeit positioniert und wie viele rechtsgerichtete Kräfte in den Vereinigten Staaten einen angeblichen Kultur-Marxismus angeprangert. Den Beweis dafür, dass der eine wesentliche Kraft in den USA ist, ist er bis heute schuldig geblieben – so wie sich auch Donald Trump gebetsmühlenartig dazu verstiegen hat, die „AntiFa“ als Ursache allen politischen Übels zu geisseln und nicht etwa extreme Rechte wie die von ihm goutierten „Proud Boys“.
YouTuber Joe Rogan und Jordan Peterson
Joe Rogan hat wie Jordan Peterson Berühmtheit über seinen YouTube-Kanal und als Podcaster erlangt. Er wird wie Peterson beschuldigt, Hassrede zu verbreiten. Allerdings wird ihm das nicht persönlich vorgeworfen sondern seinen Gästen, unter denen sich mitunter illustre Protagonisten der rechten Szene befinden. Rogan selbst ist in vielerlei Hinsicht ein Liberaler, der an die freie Rede glaubt, auch an die freie Rede von Personen, die sich extrem äußern.
Freie Rede für jedermann
Es hätte so schön weitergehen können für Jordan Peterson und Joe Rogan, die mit ihrer Medienwirksamkeit reich geworden sind. Doch wer will die Rechnung ohne den Wirt machen? Inzwischen haben sich ein paar Probleme angebahnt: Zuerst hatten sich Teile der Spotify-Belegschaft dagegen gewehrt, dass Joe-Rogan-Podcasts etwa mit dem amerikanischen Chef-Verschwörungs-Theoretiker Alex Jones veröffentlicht werden. Denn Freigeist Joe Rogan hatte nie etwas dagegen, Gespräche mit Jones, mit Gästen wie dem Demagogen Ben Shapiro oder mit dem Medien-Troll Milo Yiannopoulos zu führen.
Breitbart und die FakeNews
Letztere haben bei „Breitbart“ rechte Fake-News verbreitet und wirken seitdem stramm rechts, auch wenn sie sich seit langem nicht mehr grün sind. Ben Shapiro scheint, wenn er bei Joe Rogan auftritt, Kreide gefressen zu haben, so vernünftig hört er sich dort an. Tatsächlich ist er als Aktivist aber ein konservativer Hardliner, der vor keinem Klischee gegen das, was er als „links“ ansieht, zurückzuschrecken scheint und sich über einen oscarprämierten Film wie „Shape of Water“ echaufiert, weil darin eine Frau mit einem Fisch schlafe. (Tatsächlich geht es darin um eine Frau, die sich in einen amphibischen Mann verliebt. Der Film des Mexikaners Guillermo del Toro ist ein surreales Märchen, das politisch Stellung gegen einen McCarthyismus und im übertragenen Sinne auch gegen den Trumpismus bezieht.)
Kritische Würdigung der Podcast-Gäste
Rogan hat in seinen Gesprächen mitunter das Wirken seiner Gäste kritisch hinterfragt, vor allem das von Alex Jones, indem er zu dessen Behauptungen in seinen Sendungen online direkt live recherchieren ließ. Oder als er die Klimawandel-Leugnerin Candace Owens in seiner Sendung hatte und sie bezüglich ihrer Falschbehauptungen klar in ihre Schranken gewiesen hat. Unabhängig davon muss Joe Rogan sich der Kritik stellen, rechtes Gedankengut zu verbreiten, selbst wenn er kein rechter Demagoge ist, sondern verschiedenen Meinungsfacetten, wie extrem sie auch sein mögen, anhören will.
Joe Rogan und die Linke
Klassische Linke haben zum Bernie-Sanders-Unterstützer Joe Rogan mitunter deshalb ein gespanntes Verhältnis, weil der schwer einzuordnen ist und es nicht mag, wenn mißliebige Meinungen unterdrückt werden, etwa wenn Jordan Peterson von studentischen Demonstranten davon abgehalten werden soll, an einem Campus zu reden. So kommt es, dass Rogan auf der Seite rechter Influencer wie Peterson steht, weil er dessen Gedanken einer freien Rede unterstützt. Dabei kommt jedoch nicht zur Sprache, welches autoritär-anti-emanzipatorisches Weltbild Peterson vertritt. Diesbezüglich ist Rogan unkritisch, vielleicht auch weil er Petersons Weltbild partiell teilt.
Widerstand gegen Jordan Peterson
Jordan Peterson wird beim Verlag Penguin Random House Canada, der zur deutschen Bertelsmann-Gruppe gehört, sein Nachfolgebuch zu „12 Rules for Life“ veröffentlichen, und Mitarbeiter des Verlages werfen ihm nun Transsexuellen-Phobie vor. Tatsächlich wendet sich Peterson als intellektueller Mit-Wegbereiter des Trumpismus vehement aber auch widersprüchlich gegen Geschlechterrollen, die nicht ins heterosexuelle Mann/Frau-Schema passen, und deren Verankerung in der Gesellschaft. So ist er etwa durch seine Kritik des Einsatzes neuer Geschlechtspronomen für Transsexuelle in Kanada in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt, obwohl er falsche Behauptungen aufgestellt und aus einer Mücke einen Elefanten gemacht hat. Denn er hat die Regelung hochstilisiert zu einer Sanktionsübung vermeintlich verquerer Marxisten und sich damit in einer totalitären Struktur gewähnt. Aus seiner Überreaktion hat er danach Profit geschlagen. Trump-Anhänger bejubeln ihn seitdem.
Kulturkampf in den USA
So gibt es immer neue Konflikte, bei denen Mitarbeiter des Verlages Peterson „Transphobie“ vorwerfen und andererseits linken Aktivisten von ihm eine unterdrückerische „Cancel-Culture“ bescheinigt wird, die allem Mißliebigen die Daseinsberechtigung abspreche. Dies ist im Kleinen ein Abbild des US-Culture-War. Eine Lösung im klassischen Sinne wird es nicht geben, denn eine eigentliche Innovation wäre es, miteinander zu reden, sich dabei zu respektieren und Verständnis für den Gesprächspartner aufzubringen. Dafür aber sind die Fronten zu verhärtet. Joe Rogan kann gut Verständnis für andere Positionen aufbringen, andere Protagonisten gerade der rechten Szene und des Trumpismus sind dazu nicht in der Lage. Im inhaltlichen wenn unter Umständen auch unbeabsichtigten Schulterschluss mit Rechtsextremen beten Peterson oder Shapiro ihre Mähr von der marxistisch-postmodernen Unterwanderung der Universitäten herunter. Wobei beide jedoch – im Gegensatz zu vielen anderen, die die amerikanische Politszene medial bevölkern – auch in der Lage sind zu argumentieren.