Kopfzerbrechen

„Peter Draws“ ist ein zugleich witziger wie informativer Kanal für Illustratoren und Besessene der Zeichenkunst. Ein solcher YouTuber, der über die Jahre viel tubt, hat zwei Problemstellungen zu bewältigen: Er muss zum einen ständig neue Themen finden und dadurch sein Konzept variieren und erweitern, damit er das Interesse der ZuschauerInnen aufrecht erhält. Zum anderen darf er sein Konzept aber nicht verwässern. Das nämlich kann durch die monetären Verlockungen der Produktanbieter schnell passieren.

Dann würde der YouTuber z.B. uninteressante Produkte besprechen, weil er davon finanziell profitieren könnte. Ein uninteressantes Produkt zu besprechen ist auf die Dauer langweilig und abstossend. So muss man einen YouTuber auch danach beurteilen, wie lange er dabei ist und wie frisch seine Vidcasts unter Umständen dennoch daherkommen. Aber all diese Probleme hat dieser Kanal nicht. im Gegenteil.

Für Freunde der Zeichenkunst

Ein interessantes Konzept bietet der YouTube-Kanal „Peter Draws“ des amerikanischen Zeichners Peter Deligdisch (Jahrgang 1990) aus Wilmington, North Carolina in den USA. Er zeichnet erlesen und prüft dabei Stifte auf Herz und Nieren. Während der Zuschauer seine skurilen Präsentationen sehen kann, die kameratechnisch die Eigenschaften der Schreibgeräte adäquat abbilden, erlebt man einen äußerst talentierten Zeichner, der einen daran teilhaben läßt, wie Zeichnungen meditativ entstehen.

Vorteile der Zeichengeräte und Stifte

Hier ist auch interessant, was Peter Deligdisch erzählt, während er ausgedehnt zeichnet. Es ist die Sprache eines halb Versunkenen oder manchmal ganz Versunkenen, der im Zeichnen aufgeht und sehr unmittelbar zum Zuschauer über das Zeichnen, die Zeichenumstände und das jeweilige Zeichengerät spricht. Dabei ist die Perspektive dieses YouTubers, den allermeisten Schreibgeräten etwas Positives abzugewinnen. Seine Kritikpunkte sind eher grundsätzlicher Natur, vor allem macht er sich über die Preiswürdigkeit mancher Stifte oder Füller Gedanken. In erster Linie mag er Füllfederhalter und weniger Kugelschreiber oder Tintenroller. Oder er zeichnet gerne mit Rapidographen bzw. Isographen, also dünnen Tuschzeichnern mit definierter Strichstärke, die aus dem Bereich der technischen Zeichnung stammen, jedoch wegen ihrer filigranen Linienführung ebenso von freien Zeichnern benutzt werden.

Strichführung und Strichmodulation

Auch Filzstifte in allen denkbaren Breiten kommen zum Einsatz. Dass ein echter Zeichner Stifte testet und man ihm dabei die Leidenschaft am Zeichnen ansehen kann, ist ein Glücksfall. Völlig zurecht legt Peter Deligdisch einen Schwerpunkt auf Füller/Füllfederhalter, die neben Pinsel und Zeichenfeder für Viel-Zeichner Vorteile bieten. Da ist einerseits die durchgehende Strichführung, ohne absetzen zu müssen, weil man die Feder nicht wie bei der Zeichenfeder in Intervallen absetzen und in die Tinte tauchen muss. Andererseits bieten neuere vor allem japanische und amerikanische Füller flexiblere Federn, die eine größere Bandbreite an Strichmodulationen zulassen.

Zeichentechnik und Zeichenästhetik

Peter Deligdisch bietet auf seinem Kanal etwas, was man auf YouTube in dieser Qualität und Detaillierung kaum sonst findet: Die Kombination von Zeichentechnik mit der Rezension von Zeichengeräten, mit Live-Zeichnen und Zeichen-Ästhetik. Die Mehrzahl anderer Kanäle, die Füllfederhalter testen, tun dies eher mit starkem Fokus auf dem Produkt selbst und können noch nicht einmal überzeugende kaligraphische Ergebnisse vorweisen. Das Potenzial einer Federspitze kann man dort nur erahnen. Dass jemand im Detaillierungsgrad eines Moebius/Jean Giraud derart kompetent auch noch vorführt, wie es sich mit dem jeweiligen Schreib- bzw. Zeichengerät illustrieren lässt, ist ein Novum. Bleibt zu wünschen übrig, dass Peter Deligdisch seinen Kanal nicht kommerzialisiert, etwa indem er Stifte testen würde, die ihm nicht mehr am Herzen liegen.