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Kunsttagebuch: Jede Regel will gebrochen sein

Kann man lernen, Kunstler/In zu sein? Kann man also Kunst studieren, sodass aus einem Nicht-Künstler ein Künstler wird? Gibt es Regeln, die man berücksichtigen sollte, um Kunst schaffen zu können? Ja. Aber: Kunst ist nicht regelhaft.

Und jede Regel, die besagt, ihre Befolgung mache aus dem Befolgenden einen Künstler oder führe zur Kunst, weist einen falschen Weg, weil eine Regel nur beschreiben kann, was bisher als Kunst gilt oder der bisherige Weg zur Kunst war. Zukünftige und damit werdende Kunst entzieht sich aber der Regelhaftigkeit. Sie läuft vielmehr jeder Regel zuwider. Regeln sind deshalb nur rückwirkend deskriptiv zu formulieren – als Bestandsaufname, nicht als Anweisung.

Ursachen von Kunst

Kunst kann ihren Ursprung in verschiedenen Ursachen haben. Oft kann man sie als einen kommunikativen Ausgleich für mangelnde soziale Interaktion verstehen. Der Künstler wäre dann ein Entfremdeter, gar ein sozial Ausgestoßener mit gesteigertem kommunikativen Bedürfnis, die Kunst eine Art sublimatives Ventil. Das ist analog zu einem Intellektuellen zu sehen, der das Denken zum kommunikativen Medium wählt. Vielleicht aber sucht er auch einfach nach einer Bildsprache, um das auszudrücken, was er sonst etwa mit Worten nicht ausdrücken könnte. Kunst kommt so aus einem spezifischen Bedürfnis nach visueller Artikulation und hätte ihre Ursache in sprachlicher Ausdruckslosigkeit bzw. in dem Umstand, dass ein bestimmter Ausdruck etwa nur im Malen oder Zeichnen gefunden werden kann. Weitere mögliche Ursachen sind:

Kunst als Möglichkeit

Der Mensch trägt den Wunsch in sich, die Welt zu verstehen und sie sich anzueignen. Mittel zur Erkenntnis sind Philosophie, Mathematik, die Wissenschaften und Kunst. Während die ersten drei Möglichkeiten Systeme mit klarem Regelwerk sind bzw. dieses Regelwerk ständig erweitern, hin auf Folgerichtigkeit sowie Zwangsläufigkeit erforschen und damit eine Verobjektivierung anstreben, ist die Kunst die einzige Disziplin ohne ein solches Regelwerk.

Glaube und Erkenntnis

Wie Kunst die Welt abbildet, ist einem Glaubensprozess näher als einem Erkenntnisprozess. Kunst kommt meist aus dem Empfinden und dem Gefühl, die anderen genannten Disziplinen aus der Ratio. Deshalb ist Kunst ein Experimentierfeld der Ausdrücke, eine Philosophie der Formen und die Wissenschaft von der Regellosigkeit. Wer in der Kunst Regeln beachtet, drückt nicht sich selbst aus sondern handelt exopersonell und museal.

Weitere Kunsttagebücher:

  1. Was ist Kunst? Und warum nicht?
  2. Als die Nacht aus dem Blickwinkel des Tages unterbelichtet wirkte
  3. Warum Eitelkeit zur Kunst gehört und doch ihr Untergang ist
  4. Ziellosigkeit als Grundlage assoziativer Prozesse
  5. Kopfkino oder zeigen und weglassen im anspruchsvollen Film
  6. Warum die Größe einer Zeichnung ihre Aussage verändert
  7. Wann Form ein Inhalt sein kann
  8. Was könnte das sein?
  9. Gedanken-Gefühls-Bilder innerhalb einer Formgenese
  10. Die Welt ist voller Möglichkeiten oder Zufall und Entscheidung in der Kunst
  11. Über das „Zuviel“
  12. Wiederholung als Formoptimierungs-Prozess
  13. Der assoziationsoffene Raum
  14. Kunst und technisch-handwerkliches Können: Warum es besser ist, nichts zu können
  15. Methoden der Kunst: Durch Wegnehmen und Hinzufügen Bedeutungen erschaffen
  16. Der Kunsst
  17. Was ist Kunst?
  18. Künstler-Selbstbild: Skizze eines zufallsgesteuerten Lebens ohne anarchistische Romantik
  19. Beliebigkeit als Kunstprinzip: Über die vermeintliche Sinnlosigkeit assoziativer Folgerichtigkeit
  20. Langlauf oder Kurzstrecke? Das Intervall in der Kunst
  21. Der Künstler: Ein Assoziationsautomat
  22. Zeichnen und die Macht des Zufalls
  23. Vorhersehbarkeit und Offensichtlichkeit – über die Langeweile in der Kunst
  24. Offenheit, Inspiration, Assoziation – über den Wert von Einflüssen in der Kunst
  25. Hinz- und Kurzgeschichte: Als der Unterhaltungskünstler den ernsthaften Künstler traf
  26. Über die metaphorische Schwangerschaft der Bilder
  27. Über das Vorläufige und das Endgültige in der Kunst
  28. Warum Kunst ein Virus ist
  29. Kreieren und wiederholen: Warum Kunst nicht kreativ ist
  30. Das Unverwechselbare in der Kunst als Ausdruck der eigenen Unfähigkeit
  31. Das Ungefähre als das nicht Greifbare
  32. Offenheit, Inspiration, Assoziation – über den Wert von Einflüssen in der Kunst
  33. Der blinde Fleck und die Kunst der Betrachtung
  34. Kompetenz und Versagen als sich selbst bedingende Gleichzeitigkeit
  35. Kunst als Selbstdialog
  36. Ordnung und Chaos als Polaritätskonzept künstlerischen Wirkens
  37. Die Überforderung
  38. Eindeutigkeit und Wahrnehmung in der Kunst
  39. Kunst als Sprache
  40. Der Mangel als Ansporn
  41. Bedeutung und Orientierung als Ziele der Kunst
  42. Selbstbild und Seins-Inszenierung
  43. Kunst als Chiffre der Notwendigkeit
  44. Kunst als fortgesetzter Traum
  45. Idealismus oder Materialismus – Geld oder Leben!?
  46. Die Maslow-Bedürfnis-Pyramide oder fühlen und durchleben in der Kunst
  47. Jenseits der Worte
  48. Wahrheit und Verdrängung
  49. Das Gefühl für die Dinge oder von der Schwierigkeit, Kunst zu definieren
  50. Zwischen Selbsttransformation und Fremdwahrnehmung
  51. Die Absolutheit der Ich-Perspektive
  52. Fehler machen als „Sesam-öffne-dich“
  53. Kunst und die Visualisierung des Nie-Gesehenen
  54. Die Intrinsik als Wesenszug
  55. Wahrnehmung und Identität
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