Stellvertretend für andere Physiker hat Albert Einstein einst unser Weltbild revolutioniert. Wie konnte er das tun? Experimentell waren seine Vorhersagen damalig nicht nachzuweisen, viele seiner Annahmen konnten erst Jahrzehnte später bewiesen werden, manche bis zum heutigen Tage nicht. Möglich wurden die Einsteinschen Erkenntnisse erst durch den Einsatz einer Spezialsprache, der Mathematik. Die Mathematik ist eine beschreibende Sprache, von der man annehmen kann, dass ihre Grundlage jene Regelhaftigkeit ist, der gemäß unsere Welt funktioniert.
Mathematik als Sprache
Ein Mathematiker geht davon aus, dass, wenn er sich an die innere Logik, die Gesetzmäßigkeiten und Regeln der Mathematik hält, er eine mathematische Wahrheit abbildet, die eine Relevanz in der Welt hat. Auch das scheint ein seltsamer Umstand zu sein: Ein Zahlenkonstrukt gäbe demnach Auskunft etwa über die Funktionsweise und Struktur der Welt. Doch so fern liegt dieser Gedanke nicht, gehen wir doch davon aus, dass unsere geschriebene und gesprochene Sprache ebenfalls in ihren Begriffen und Sätzen davon handelt, wie die Welt ist. Allerdings ist auch das Gegenteil möglich: In der Lüge etwa oder der falsch wahrgenommen Wirklichkeit verbirgt sich das, was die Welt nicht ist.
Sprache als Umweg
Es mag auch wundersam klingen, dass es eine Sprache geben kann, die die Welt so potenziell exakt abbilden kann wie die Mathematik. Dieses Funktionieren der Sprache „Mathematik“ bezieht sich dabei nicht nur auf Oberflächliches sondern auf die Wirkmechanismen unter der Oberfläche, auf Kräfte, die im ganz Großen oder im winzig Kleinen wirken, also dort, wo sie für uns nur über Umwege und Folgerungen wahrnehbar sind.
Sprache als Denkform
Eine Ansicht ist, dass die Sprache das Denken formt. Demnach bildet die Sprache Begriffe als Inhaltsträger und Bedeutungscontainer – und so liegt es nahe, dass vieles, was wir denken, durch die Inhalte in diesen Wortcontainern beeinflusst ist. Zumindest solange, bis sich neue Begriffe bilden, sofern das Denken inzwischen neue Wege beschritten hat. Dennoch scheint die Sprache als Manifestation des Denkens zukünftige Denkstraßen vorzugeben, aus denen nur Wenige ausbrechen, um Neues zu formen und damit auch neue Begriffe zu schaffen.
Sprache und Emotion
Bisher war hier vom Denken die Rede. Legen aber Begrifflichkeiten auch nahe, was wir fühlen? Tatsächlich gibt es in der Medienöffentlichkeit zahlreiche Begriffe, die für Reizthemen stehen und deren Nennung Reaktionen hervorrufen. Begriffe wie „Hartz IV“, „Abtreibung“, „Transgender“, „Neonazis“, „Asylsuchende“ oder „Brexit“ sind mit starken Werthaltungen und unter Umständen entsprechenden Reaktionen verknüpft. Auch weniger deutliche Reizthemen wie in den Begriffen „Deutsch-Rap“, „Europa“ oder „Politik“ abgebildet, sind mit Haltungen und Werturteilen verbunden, die emotionalen Reaktionen auf Begriffe entsprechen. Gibt es also eine Sprache, die unser Inneres, unsere Gefühle und affektiven Funktionsweisen abildet?
Sprache und Psyche
Es gibt andere Disziplinen und ihre Begriffskategorien, die sich nicht um die Beschreibung der äußeren Welt und ggf. ihrer Funktionsweise bemühen als vielmehr um die Beschreibung innerer Befindlichkeiten. Wie der Mensch, seine Gefühle, Affekte und sein Bewusstsein funktionieren mögen, drücken Begriffe wie etwa „Psyche“, „Emotion“, „Introspektion“ oder „Seele“ aus. Die dazugehörige Wissenschaft, die eine eigene Fachsprache mit Fachbegriffen beinhaltet, ist die empirische „Psychologie“, die das Verhalten und Erleben des Menschen beschreibt. Ursprünglich kam sie aus den Geisteswissenschaften (auch als Teil der Philosophie) und entwickelte sich in einem Spannungsbogen hin zu den Naturwissenschaften, etwa zur Biologie. Man kann die Psychologie auch in Angrenzung zur Medizin verorten mit deren Teilgebieten
- „Neurologie“ (mit dem Forschungsgebiet Nervensystem),
- „Psychiatrie“ (Nervenheilkunde im Hinblick auf psychische Störungen) und
- „Neurochirurgie“ (als Behandlung des zentralen Nervensystems mit Gehirn, Rückenmark und peripherem Nervensystem).
Sprache und Kunst
Die Psychologie im Zusammenspiel mit Neurologie und Hirnforschung versucht die inneren Strukturen des Menschen zu erkunden. Die Fachsprachen dieser Disziplinen haben deskriptiven und analytischen Charakter, sie bilden das Innere des Menschen nicht direkt ab. Eine Sprache hingegen, die dies vermag, ist die Kunst. Was der Mensch ist und in sich trägt, manifestiert und repräsentiert sich im künstlerischen Wirken. Damit ist eine im besten Fall absichtslose gestalterische Lebensäußerung gemeint. Aber auch eine absichtsvolle Gestaltung etwa für einen Auftraggeber kann zum Teil oder ganz das Innere des Künstlers spiegeln. Dabei ist die Schwierigkeit, im Falle der Bildenden Kunst (Baukunst, Bildhauerei, Malerei, Zeichnung, Grafik, Fotografie, Kunsthandwerk) diese Bildsprache oder im Falle der darstellenden Künste (Theater, Film, Tanz, Literatur, Musik), Aktionen, bewegte Bilder, Worte oder Töne als Rezipient zu entschlüsseln und zu verstehen.
Kunst und Ich-Filter
Mit der Wahl seiner Zeichentechnik und seiner Symbolwelt als inhaltliche Katagorie der Verschlüsselung kreiert der Künstler seinen speziellen Dialekt, das heißt, seine individuelle Sprachversion. Das Kunstwerk ist Ausdruck von Charakter, Persönlichkeit und innerer Befindlichkeit als Version einer Weltinterpretation. „Kunst“ ist aber nicht unbedingt eine Ende-zu-Ende-verschlüsselte Sprache, weil man etwas über den Künstler und den Entstehungsprozess seiner Kunstwerke erfahren kann. Kunst ist auch nie und ausschließlich Abbild des Inneren eines Menschens, das Kunstwerk ist vielmehr verwoben mit äußeren Einflüssen, die als geformtes Inhaltsmaterial dienen, von denen der Künstler seine Weltversion erschafft. Der Filter dazu ist das eigene Ich.
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- Kompetenz und Versagen als sich selbst bedingende Gleichzeitigkeit
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- Ordnung und Chaos als Polaritätskonzept künstlerischen Wirkens
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- Idealismus oder Materialismus – Geld oder Leben!?
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