Gesichtsausdruck

Es ist einleuchtend, dass man sich selbst nicht so betrachten kann, wie man „wirklich“ ist, wenn man nicht außerhalb von sich selbst sein kann. Erst wenn man sich von außen betrachten könnte, könnte man einen neutralen oder objektiveren Standpunkt zu sich selbst einnehmen.

Es ist auch nicht möglich, wirklich grundlegend über ein System nachzudenken bzw. dieses System zu beurteilen oder seiner Beschaffenheit nach zu erfahren, so lange man Teil dieses Systems ist. Würde man also über die Beschaffenheit der Wirklichkeit nachdenken und ist man Teil dieser angenommenen Wirklichkeit, könnte man diese Wirklichkeit nicht sehen, wie sie ist, so wenig, wie man sich selbst sehen kann, weil man in sich selbst gefangen ist. Der Begriff des so genannten „blinden Fleckes“ legt nahe, dass etwas Gravierendes unseren Blick auf uns selbst verstellt. Der blinde Fleck könnte etwa in der Mitte des Sichtfeldes liegen und dadurch die Hauptsache dessen, was zu betrachten wäre, verstellen.

Kunst fördert Unsichtbares zu Tage

Man mag die Kunst als etwas ansehen, dass dem blinden Fleck ausweichen und etwas zu Tage fördern will. Die Kunst ist so gesehen ein Betrachtungs- und Erkenntnisprozess, der Unsichtbares bzw. Nicht-Sichtbares zugänglich und sichtbar macht. Die Kunst der Betrachtung läge darin, die Augen vollständig zu schließen, um sich nicht von der angenommenen Wirklichkeit täuschen zu lassen. Denn wer die Augen vollständig schließt, entzieht seine Wahrnehmung zum Teil jener Wirklichkeit, die  sich mit offenen Augen täuschen ließe.

Unsensorik als Überhöhung des blinden Fleckes

Würde man nicht nur die Augen schließen, sondern auch die Ohren, den Tastsinn oder das Riechen ausschalten – würde man sich also sensorisch den Sinneswahrnehmungen der Welt entziehen – würde man damit die Auswirkungen des blinden Fleckes verstärkt simulieren und könnte somit Erfahrungen sammeln, wie es annäherungsweise wäre, die Welt als virtuelle Version eines Teils unserer Realität nicht mehr als ständig gegeben annehmen zu müssen.

Der Künstler im Anschauungsprozess

Metaphorisch betrachtet, schließt ein Bildender Künstler seine Augen vor den gewohnten Wahrnehmungen der Welt oder den bisher gegebenen künstlerischen Formen, sofern er etwas Eigenes oder völlig Neues schaffen will. Wie ein Blinder, der das Vorhandene nicht sieht, konzentriert er sich auf die Bilder in seinem Inneren und fördert zu Tage, was vorher von außen nicht zu sehen war. Es ist sein Versuch, dem System der Gegebenheiten zu entkommen. Belohnt wird er nie mit einer Totalüberwindung seiner systemimmanenten Wahrnehmungen sondern mit einer tendenziellen Überwindung des Überkommenen. Sein Streben ist der instinktive Versuch, der Systemimmanenz etwas Entgegenzusetzen.

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  34. Kunst als Selbstdialog
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  42. Kunst als Chiffre der Notwendigkeit
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  44. Idealismus oder Materialismus – Geld oder Leben!?
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  46. Jenseits der Worte
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  48. Das Gefühl für die Dinge oder von der Schwierigkeit, Kunst zu definieren
  49. Zwischen Selbsttransformation und Fremdwahrnehmung
  50. Die Absolutheit der Ich-Perspektive
  51. Fehler machen als „Sesam-öffne-dich“
  52. Kunst und die Visualisierung des Nie-Gesehenen
  53. Jede Regel will gebrochen sein
  54. Die Intrinsik als Wesenszug