Richard David Precht ist als Autor eine Novität im deutschen Sprachraum, denn als Philosoph schafft man es meist nicht in die Bestsellerlisten und ins Fernsehen. Ein bisschen erinnert seine Rolle in den Medien an Marcel Reich-Ranicki, der mit der Sendung „Das literarische Quartett“, mit seinen Büchern und seinem journalistischen Wirken im Feuilletion der FAZ Literatur einem größeren Publikum nahe gebracht hat.
Wer ein Massen-Publikum an ein komplexes Thema heranführen will, lässt manche Differenzierung aus, weshalb Reich-Ranicki mit seinen holzschnittartigen Vereinfachungen manchen akademisch-literarischen Zirkeln etwas suspekt war – und weswegen Richard David Precht akademischen Philosophen ein Dorn im Auge sein mag.
Richard David Precht auf der Frankfurter Buchmesse 2017
Auf der größten Buchmesse darf ein Autor wie Precht nicht fehlen, und am besten sollte er den zweiten Band seiner „Geschichte der Philosophie“ gleich mit im Gepäck haben – was auch der Fall war. Der Autor war deshalb auf Promotiontour in öffentlichen Interviews und Gesprächen zu sehen. Hier im Video ging es schwerpunktmässig um das Thema „Der Philosoph als Generalist“, der das Spezialistentum unserer Tage zu überwinden hat und nur so größere Zusammenhänge herstellen kann.
Oft ein Widerspruch: Philosophie in Theorie und Praxis
Philosophische Texte sind eine Reise ins Zentrum der Bedeutung. Für den Laien, der diese Art des Denkens nicht gelernt hat, werden solche Gedankengänge ähnlich wie in der Mathematik schnell zu abstrakt, um noch verständlich zu sein – weil die Entfernung der entfalteten Theorie von den Erfahrungen der Praxis zu groß ist.
Welches Talent hat Richard David Precht?
Richard David Precht hat in seinen Büchern, Sendungen und Vorträgen dort angesetzt: Philosophie praxisnah und verständlich herunterzubrechen, zu erklären und Zusammenhänge zu verdeutlichen. Sein besonderes Talent liegt genau darin, Aspekte zu verknüpfen und verständliche Zusammenhänge in den Netzwerken des Komplexen herzustellen. Dabei hat er ein gutes Gespür dafür, möglichst alle zu einem Themenkomplex gehörenden Fragen, die seine Leser und Zuhörer interessieren, zu beantworten. Zurück bleibt die Befriedigung des Zuschauenden, Zuhörenden oder Lesenden, die unüberschaubare Welt etwas besser verstanden zu haben. Richard David Precht fungiert als Lotse in der Informationsüberflutung.
Verständliche Durchdringung der Geschichte der Philosophie
Allein das kann schon als Begründung für eine neuerlich publizierte Philosophiegeschichte dienen: Precht hat stets das große Ganze und das Relevante bezüglich der Entwicklung philosophischer Gedanken im Blick. Er sieht es nicht nur mit den Augen des Philosophen sondern zugleich mit denen des allgemein Interessierten und stellt so die Geschichte des philosophischen Denkens und seiner Ideen in einen Zusammenhang mit den praktischen Erfordernissen der gelebten Welt. Dabei setzt sie ins Verhältnis etwa zu Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Wesentlich ist: er vierliert sich nicht in Einzelaspekten, sondern orientiert sich am roten Faden übergeordneter Verständlichkeit. Wobei das dreibändige Werk seiner „Geschichte der Philosophie“ auf insgesamt etwa 2.000 Seiten angelegt und keine Kurzgeschichte ist.
Erster Band: „Erkenne die Welt: Geschichte der Philosophie 1“
Der erste Band seiner Buch-Triologie, „Erkenne die Welt: Geschichte der Philosophie 1“, veröffentlicht 2015, beginnt im 6. vorchristlichen Jahrhundert und endet Mitte des 14. Jahrhunderts. Es geht hier also um 2.000 Jahre Philosophie-Entwicklung zwischen Antike und Mittelalter, in der der Mensch versucht hat, ein Bild der Welt zu formen und die Eigenschaften dieser Welt zu verstehen
Zweiter Band: „Erkenne dich selbst: Geschichte der Philosophie 2“
Band 2, „Erkenne dich selbst: Geschichte der Philosophie 2“, veröffentlicht 2017, umfaßt den Zeitraum 15.-19. Jahrhundert. Es geht hier vor allem um das Wirken von Renaissance und der Aufklärung, in der der Mensch in seiner Selbstwahrnehmung zum Individuum wurde, bald ausgestattet mit Rechten, mit Moral und den Möglichkeiten zu ergründen, was Recht, Moral, Religion und die Wirklichkeit selbst ausmacht.