Der Allgemeinheit sind einige wenige stilbildende Jugendstilkünstler wie Gustav Klimt oder Alfons Mucha bekannt, die entweder ein umfangreiches Werk vorlegten (Mucha) oder ein schmales aber einprägsames (Klimt). Von anderen Jugendstilzeichnern wie beispielsweise Aubrey Beardsley haben wenige Zeichnungen im kollektiven Bewusstsein überdauert.
Jan Toorop als stilbildender Jugendstil-Künstler
Zu jenen Künstlern, die mit einzelnen Werken das Bild vom Jugendstil geprägt haben, gehört auch der Niederländer Jan Toorop (1858-1928), dem die Villa Stuck in München ab Oktober 2016 eine Ausstellung gewidmet hatte, die heute ihre Pforten schließt. Als umfassende Retrospektive kam sie vom Gemeentemuseum in Den Haag und ist nach München ab dem 25. Feburuar im Bröhan-Museum in Berlin zu sehen.
Der wandlungsfähige Künstler
Dabei kann man Toorop nicht einfach als Jugendstilkünstler bezeichnen, weil er sich im Laufe seines Schaffens an einer Vielzahl von Stilen und Ausdrucksformen versucht hat. In der großen Retrospektive seines Werkes kann man beispielsweise seine stilistischen Referenzen an Maler wie Vincent van Gogh oder James Ensor betrachten. Jan Toorop war einer der Mitbegründer der Künstlergruppe „Les Vingts“, bei der Ensor im Mittelpunkt stand. 1885 hatte Toorop James McNeill Whistler und William Morris und die Präraffaeliten in England kennengelernt.
Jan Toorop und der Katholizismus
Jugendstil und Symbolismus bildeten die wichtigste Phase im Schaffen Jan Toorops, mit der er bekannt geworden ist und weiterhin assoziiert wird. Mit seinem Wirken hat er den niederländischen Jugendstil geprägt und war zu Lebzeiten ein auch kommerziell erfolgreicher Künstler und Person des öffentlichen Lebens geworden. Bis heute war weitestgehend unbekannt, wie vielseitig er darüber hinaus gewesen ist. Insbesondere die religiösen Bilder des Spätwerkes, deren Formensprache zum Teil vom Jugendstil beeinflusst sein mag, ist es wert, genauer betrachtet zu werden, was in der Ausstellung zum ersten Mal nach 1893 umfassend möglich ist. Toorop war 1905 zum Katholizismus konvertiert, was einen großen Einfluß auf das nachfolgende Werk gehabt hatte.
Jugendstilgemälde zwischen Malerei und Zeichnung
Die Zeit vor und nach dem Jahrhundertwechsel um 1900 herum bot eine Menge an damals revolutionären neuen malerischen und zeichnerischen Sichtweisen, die Toorop als Vielreisender aufnahm und in sein eigenes Werk mit einbrachte. Dazu gehören insbesondere der Impressionismus und der Pointillismus, den er als erster in die Niederlande brachte. Seine unverwechselbaren Jugendstilgemälde sind in Mischtechnik gemalt und gezeichnet, wobei die Basis der Bilder die zeichnerische Strichführung bildet. Einige seiner bekannten Hauptwerke aus dem Jugendstil sind eine eigenwillige Mischung aus Zeichnung und Malerei.
Zusammenhänge zwischen bildender und angewandter Kunst
Der besondere Wert der Ausstellung liegt darin, dass sie den Künstler in die wechselnden Rahmen bildendender Kunst jener Zeit stellt und Zusammenhänge herstellt. So wird klarer, wie sich die Jugendstilphase im Œuvre Toorops entwickelt hat und in das religiöse Werk mündete. In der Ausstellung ist Toorop aber nicht nur als bildender Künstler zu sehen sondern auch als Gebrauchsgrafiker mit Werken angewandter Kunst. Dazu gehören Objekte, Buchillustrationen und Plakate.