Ein Junge kommt mir entgegen: „Hallo!“ sagt er freundlich. Ich kenne ihn nicht, grüße aber freundlich zurück, woraufhin er mich irritiert ansieht. Im Vorbeigehen sehe ich seine Ohrstöpsel und dass er irgendwo ein Handy haben muss, über das er telefoniert. Aha, er hat mich gar nicht gemeint. „…ich bin’s“, redet er weiter während er um die Ecke verschwunden ist.
Moderne Kommunikation
Eine Frau kreuzt bald danach meinen Weg. „Und ich sag noch, das lass ich mir nicht mehr gefallen…“ Oha, noch jemand, der telefoniert. Ich geh ein bisschen zur Seite und damit aus dem Weg, weil sie mich nicht zu sehen scheint. Als sie an mir vorbei geht, sehe ich ihre Pupillen, die eher nach innen gerichtet zu sein scheinen und höre ihren sinnlosen weiteren Singsang. Sie führt ganz offenbar ein Selbstgespräch.
Die Erotik des Digitalen
Schon seit längerem kann ich nicht mehr unterscheiden, ob jemand psychisch krank ist und mit sich selbst sprich oder ob er telefoniert bzw. gar nicht mehr mit einem Menschen redet, sondern mit seinem digitalen Assistenten, seinem Gadget, mit dem er eine auto-quasi-erotische Beziehung hat.
Amazon Echo und Google Home
Das ist jetzt schon schlimm und wirklich krank. Doch schon kündigt sich die nächste Steigerung an: In den USA gibt es Amazon Echo und Google hat sein Produkt Google Home für dieses Jahr angekündigt. Amazon Echo sieht aus wie eine säulenförmige schmale Lautsprecherbox. Google Home ist kleiner und könnte gut und gerne eine kleine Tischlampe sein. Tatsächlich handelt es sich aber um digitale Assistenten, mit denen man zuhause reden kann.
Siri, Google Now und Cortana
Ähnlich wie bei Apples Siri oder bei Google Now kann man Fragen beantworten oder sich etwas vorlesen lassen, kann Buchungen vornehmen oder das Wetter checken. Von Siri und Microsofts Assistentin Cortana in Windows 10 weiß man, dass viele Fragesteller Cortana nach ihren sexuellen Vorlieben ausfragen oder sie beschimpfen und beleidigen. Ideale Voraussetzungen dafür, aus dem digitalen Assistenten im Alltag einen wahren Freund zu machen.
Irrwitz als aufblasbare Puppe
Ich sehe schon die Pornoindustrie, die Cortana mit Google Home und einer aufblasbaren Puppe kreuzt. Hinter den neuen digitalen Assistenten steckt Künstliche Intelligenz, die allenthalben wegen ihrer mangelnden Leistungsfähigkeit kritisiert wird. Vermutlich ist diese rudimentäre Intelligenz aber immer noch der allgemein-menschlichen haushoch überlegen.
Wahre Liebe
Zuhause angekommen sehe ich eine Frau vor meiner Tür stehen. „Ah, hallo“, sagt sie, „ich bin die Susanne von der Web-Single-Börse.“ Aha, denke ich. und grüße zurück, das echte Leben ruft.