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Perspektivwechsel 17.5.2016: Megyn Kelly interviewt Donald Trump

Donald Trump, Megyn Kelly Feud HIGHLIGHTS

Spiegel online sieht die Journalistin Megyn Kelly, die sich mit dem Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur, Donald Trump, angelegt hatte, indem sie ihm kritische Fragen zu seinem Sexismus gegenüber Frauen vorgeworfen hatte, inzwischen als Verräterin am Journalismus.

Das ist das übliche Medienschicksal: Vom größten Lob begleitet, kann der Sturz in der Medienwahrnehmung tief sein. Die Wahrheit ist aber etwas komplizierter. Trump hat sich in den Vorwahlen gegen alle seine Mitbewerber in der republikanischen Partei durchgesetzt. Er selbst, ein Unternehmer und Dollar-Milliardär, der noch nie politisch aufgetreten ist, war dem republikanischen Establishment unlieb, an seinen Erfolgen kann die Partei dennoch nicht vorbei.

Trump und die Tea-Party

Der Hintergrund von Trumps Wahlerfolg muss im größeren Maßstab betrachtet werden. Bei den Republikanern ist in den letzten Jahren der Tea-Party-Flügel zur politischen Kraft geworden. Die Tea-Party-Bewegung ist durchschnittlich rechter als der Mainstream-Republikaner, radikaler und fügt in ihrem Wirken eine Mischung aus unpolitisch-dümmlich hinzu, weil dort absurde Forderungen aufgestellt und Weltbilder geteilt werden, die Verschwörungstheorien oft näher sind als diskutierbaren Realitäten.

Wofür steht die Tea-Party?

Die Tea Party kann von ihrem Niveau her mit der deutschen Pegida verglichen werden. Nur hat die republikanische Tea Party neben ihren Rechts-außen-Positionen noch eine andere Seite: Sie ist ein Sammelbecken der Unzufriedenen. Auch jener Unzufriedenen, die sich von der amerikanischen Demokratie nicht mehr oder nur unzureichend repräsentiert fühlen. Ein Dilemma alter Demokratieren auch in Europa, bei denen Parteien Entscheidungen gegen die Interessen der Gesamtbevölkerung fällen.

Trump als Radikalisierer

Donald Trump hat durch einen emotionalisierenden und zugleich radikalisierenden Wahlkampf all jenen eine Stimme gegeben, die mit dem politischen Establishment der Republikaner nichts mehr anfangen können – und das sind sehr viele, offenbar sogar eine Mehrheit, zumindest im Vorwahlkampf. Obwohl Trump also gegen alles und jeden geschimpft hat, zum Beispiel gegen Muslime, Frauen, Schwarze oder Mexikaner, ist seine Rechnung aufgegangen. Zwar hat er noch nicht alle Stimmen im Vorwahlkampf erreicht, um nominiert zu werden aber jeder spricht davon, dass die republikanische Partei an seinem erdrutschartigen Sieg nicht mehr vorbei kommt.

Megyn Kelly fordert Trump heraus

Innerhalb dieses Vorwahlkampfes hatte sich die selbstbewusste Journalistin Megyn Kelly eingeschaltet. Sie arbeitet für das Fernsehnetwork Fox als Nachrichtenmoderatorin bei Fox News und hat Trump zweimal sehr kritische Fragen gestellt. Neben seinem beleidigenden Umgang mit Frauen hat sie ihn auch als Unternehmer in Frage gestellt, als es um seinen umstrittenen Geschäftsbereich Trump University ging. Beides Mal hatte sie ihn kalt erwischt und der Kandidat Trump sah nicht gut aus.

Wie Megyn Kelly im Web genannt wurde

Er hat vor allem in seinen Twitter-Tweets gegen sie zurückgeschlagen und damit seine Befürworter gerade im Internet weiter angestachelt. Megyn Kelly wurde innerhalb von 24 Stunden in Twitter-Tweets folgendermaßen tituliert, nachdem Donald Trump sie verunglimpft hatte:

Trumps Streitkultur

Trump selbst bezeichnet seine Art mit Gegnern umzugehen als: It’s a modern day form of fighting back (übersetzt etwa: Das ist eine zeitgemäße Art zurückzuschlagen). Auf Kellys beharrliche Frage: You wanna stop that as president? (Übersetzt etwa: Würden Sie damit aufhören, wenn Sie President wären?) antwortet Trump eher ausweichend, gibt aber zu verstehen, dass er moderater wäre. Im Gespräch bezeichnet Trump seine aggressiven, polarisierenden Wahlkampf als Strategie, in dem er keine Schwäche zeigen durfte, um gewinnen zu können.

Das Kelly/Trump-Interview

Warum hat Kelly ihrerseits Trump die harten Fragen im Vorwahlkampf gestellt? Fox News gehört Medienunternehmer Rupert Murdoch, der Trump zunächst nicht über den Weg getraut hat. Chef bei Fox News ist Roger Ailes, ein im republikanischen Establishment gut verdrahteter und verankerter Republikaner. Mit dieser doppelten Rückendeckung war es für Megyn Kelly also recht einfach, zu versuchen, Donald Trump mit unangenehmen Fragen zu demontieren. Inzwischen ist auch Trump – nachdem er seine Wahlerfolge eingefahren hat und kein republikanischer Gegenkandidat mehr da ist – moderater, staatstragender und damit mainstreamiger geworden. Kelly saß im Interview einem Mann gegenüber, der wohl Kandidat der Republikaner für die Präsidentschaft werden wird und der somit potentiell amerikanischer Präsident werden könnte. Unter diesen veränderten Vorzeichen, bei denen sich Trump und die republikanische Partei Stück für Stück angenähert haben, werden auch Ailes und Murdoch einen anderen Blick auf Trump werfen.

Die Ränkespiele im Medienzirkus

Das Gespräch zwischen Kelly und Trump jedenfalls ist nicht unkritisch aber hat einen generell versönlichen Unterton. So, als würde Megyn Kelly Donald Trump ihren politischen Segen erteilen. Die bohrenden Fragen, die Trump herausgefordert und bloßgestellt hatten, sind passé. Selbstbewusst ist Kelly aber geblieben. Eine klassische Win-Win-Situation im Medienzirkus: Trump redet wieder mit Kelly, was ihr Quotenhochs bringt und Trump fühlt sich wohl in seiner Rolle, dass die harte Journalistin ihn um ein Interview bittet. Ihre Fragen zu beantworten, verleiht dem Kandidaten die nötige Seriosität. Nachdem Trump zugegeben hat, dass seine verbalradikalen Entgleisungen Strategie waren (um Wähler zu ködern), hat er damit einmal mehr den amerikanischen Vorwahlkampf als Entertainment-Eldorado offenbart. Und die Durchschnitts-Wähler als Stimmvieh, das auf medial verbreitete grobe Reize reagiert. So wie die früheren kritischen Fragen Kellys dem Publikum einen verunsicherten Trump zeigten, präsentiert sie ihm jetzt einen vermeintlichen Gewinner. Das eine wie das andere war und ist politisch gewollt. Drahtzieher hinter all dem ist Roger Ailes, der als ehemaliger Präsidentenberater dem republikamischen Establishment verpflichtet ist.

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