Zwei Seelen, zwei Gedanken. Die mexikanisch-amerikanische Poetin und Singer-/Songwriterin Ingrid Chavez und der englische Songwriter, Sänger und Instrumentalist David Sylvian – zugleich eine Lichtgestalt anspruchsvoll verjazzter Avantgarde-Popmusik – waren mal ein Paar, hatten geheiratet und sich schließlich wieder getrennt. Nachdem Chavez‘ erstes Album mit dem Titel May 19, 1992 sinnigerweise bereits 1991 erschienen war, hatte sie Kontakt zu Art-Rocker David Sylvian aufgenommen und daraufhin auf dessen Vermittlung hin bei Ryuichi Sakamoto mitgesungen, mit dem Sylvian seit jeher eine musikalische Freundschaft verbindet. Chavez und Sylvian waren wohl Seelenverwandte, nicht nur musikalisch auch die Zartheit ihrer Poesie liegt auf derselben Wellenlänge. David Sylvian war vorher Sänger und Aushängeschild der von Japan gewesen und hatte seit deren erstem Album Adolescent Sex seit 1978 durchgehend jedes Jahr entweder mit Japan oder danach Solo bzw. in Kooperation mit Künstlern wie Robert Fripp mindestens ein Album veröffentlicht. Japan wandelte sich von Album zu Album von Hardpop zu Edelpop und wurde immer musikalisch zusehends anspruchsvoller. Die Gruppe kann als innovativste Pop-Band der 1980er-Jahre gelten. Ingrid Chavez schwebte zwischen Pop und Poesie. Nachdem sie und David Sylvian 1992 geheiratet und zusammen zwei Töchter bekommen hatten, legte Sylvian zwischen 1994 und 1999 eine Veröffentlichungspsause ein. Auf seinem Album Blemish aus dem Jahr 2003 setzte er sich dann mit der Trennung auseinander, die inzwischen vollzogen war. In dem Lied Under Ingrid’s Wheels singt Sylvian: “I burned her name/In God’s valleys and fields/I laid my life on the line/Under Ingrid’s wheels.” (Übersetzt etwa: „Ich brannte ihren Namen/In Gottes Täler und Felder/Ich breitete mein Leben aus/Unter Ingrids Rädern.“ Hier im Video zu hören ist das schöne Chavez-Stück Returning to seed aus dem zweiten Album A Flutter and Some Words aus dem Jahre 2010. Darin singt sie: “I will plant the seed of us/with the ash of a long winter/I will exhale it all away/and begin anew.” (Übersetzt etwa: „Ich werde unseren Samen/in die Asche eines langen Winters pflanzen/Ich werde alles wegpusten/und es neu beginnen.“ Ingrd Chavez hatte übrigens 1990 Madonnas Hit Justify My Love mitgeschrieben (ohne als Mitautorin angegeben worden zu sein, was in der Folge zu einem Prozess geführt und mit einem Vergleich geendet hatte) und ihr erstes Album auf Prince’s Paisley Park-Label veröffentlicht.
One Response to “Ingrid Chavez: Returning to Seed”
[…] sich die spätere Art-Rock-Band Japan, deren Aushängeschild David Sylvian gewesen war, Ende 1982 aufgelöst hatte, war 1983 noch das Live-Album Oil on Canvas veröffentlicht […]