Im Video zu sehen ist Comiczeichner Jim Lee 2014 auf der Comic Con in San Diego. Anläßlich seines 50. Geburtstags verschenkt er hier 50 Zeichnungen, die man am Ende des Videos in Händen des Publikums sehen kann.
Jim Lee ist die Dynamik und Lebendigkeit der Zeichnung wichtig. In der Tat unterscheidet unter den großen amerikanischen Könnern bei den Superheldenzeichnern jene, die ihre Zeichnungen dynamisch verdichten und irrwitzig übertreiben – wie Jack Kirby und Neal Adams – von jenen, die sachlicher zeichnen, wie z.B. Al Williamson, Wally Wood oder Alex Toth.
Vorteil des zeichnerischen Sensationalismus
Was mehr „sexy“ ist und die Fans mehr anmacht, ist keine Frage: Die visuelle Übertreibung. Einige der Meister in dieser Disziplin amerikanischer Comicbooks sind:
- Jack Kirby hat den menschlichen Körper in einen surrealen Spannungsbogen gewandelt, hat Körper bis zum Geht-nicht-mehr verformt.
- Will Eisner nutzte wahnwitzige Kameraperspektiven und eine karikaturenhafte Übertreibung.
- Burne Hogarth hat den menschlichen Körper bei seinem Tarzan realistisch im Sinne der Bodybuilding-Maßstäbe und des Körperbildes aus der Renaissance ultra-idealisiert.
- Neal Adams hat realistisch gereizte, aggressive und wütende Gesichter kultiviert und so für maximale Aufmerksamkeit gesorgt. Trotz seines zeichnerischen Realismus‘ hat er extreme Körperperspektiven so weit wie möglich übertrieben.
Jim Lees Zeichen-Tricks
Jim Lee ist sowohl von Neal Adams als auch von Tarzan-Zeichner Joe Kubert beeinflusst, was man im Video bei der zweiten Zeichnung gut sehen kann. Die Comichelden von Jim Lees gucken ähnlich griesgrämig bis wütend wie die von Neal Adams in die Welt. Das soll ihre Kraft und ihre Kampfbereitschaft unterstreichen und formt doch wie nebenbei ein martialisches Menschenbild: Wer sich durchsetzen will, muss nicht nur böse gucken sondern auch böse sein – zumindest innerhalb einer Ambivalenz, die viele Superhelden-Comics auszeichnet.
Jim Lees Zeichenwerkzeuge
Starzeichner und Vollprofi Jim Lee zeigt hier im Schnelldurchlauf sein Arsenal an Zeichenwerkzeugen: dünner und dicker Filzstift, Pinsel sowie schwarze, schnell trocknende Tinte für große Flächen. Dabei spritzt er die schwarze Tusche direkt auf das Blatt und verteilt sie mit dem Pinsel eher intuitiv, als dass er sich über die Komposition viele Gedanken machen würde. Bei der ersten Zeichnung spritzt er zuletzt die Tusche tropfenförmig mit der Ecke einer Plastik-Scheckkarte auf die Zeichnung, um den Eindruck von verspritztem Blut zu vermitteln.
Jim Lees Zeichentechnik
Seine Zeichentechnik erläutert Jim Lee ausführlich, was dem Lernenden viel bringt. Er führt vor, wie er mit dünnen Linien anfängt, danach mit dicken, flächigen verdichtet und später umgekehrt arbeitet: schwarze Flächen oder dicke Striche, bearbeitet er mit einem dünnen Stift, der sie ergänzt, indem er sie detailliert und umspielt. Später nimmt er einen Deckweißstift und korrigiert bzw. differenziert manche dominante Fläche. Vor allem die Haare von Batman werden dadurch ausdrucksstärker und wirken realistischer.
One Response to “Comiczeichenkunst: Jim Lee erläutert anhand zweier Zeichnungen Zeichentechnik und Zeichenprozess”
[…] den „Fantastic Four“, Terry Austin als Tuscher von John Byrne oder Scott Williams als Inker von Jim Lee, beides mal bei den […]