Habe mir heute morgen bei Spaghetti mit herrlicher Thunfisch-Soße und frischem Parmesan Gedanken über die Wahrheit gemacht. Nicht die allgemeine Wahrheit, sagen wir als philosophischem Begriff, sondern über die von Menschen im Alltag erzeugte Wahrheit.
Jeder Mensch erzeugt offenbar seine eigene Welt, seine eigene Wahrheit. Ich habe oft gedacht, dass das auf Wahrnehmung beruht, auf unterschiedlicher Wahrnehmung. Man kennt das von der Befragung von Passanten nach einem Autounfall, um den Unfallhergang zu rekonstruieren: hinterher hat es jeder anders wahrgenommen.
Soziale Netzwerke und die Intoleranz
Es ist ja positiv ausgedrückt eine schöne Sache, sich mit anderen Menschen zusammenzusetzen und die Sichtweisen auszutauschen. Da kommt mehr bei heraus, als man alleine wahrnehmen kann. Auf Sozialen Netzwerken ist man öfters mit dem Phänomen konfrontiert, dass Menschen wie erstarrt wirken und nur ihre eigene Meinung als allein selig machende sehen. Sie wollen nur Bestätigung und kanzeln alles andere rigide ab. Natürlich tun sie das, weil sie denken, dass sie recht haben. Gerade in politischen Fragen, hat die Wahrheit ja eine hohe Relevanz. Es geht aber auch oft um Weltanschauliches, zum Beispiel, ob man Fleisch isst oder als Vegetarier oder Veganer lebt.
Überleben in der Dissoziation
Doch persönliche Wahrheiten sind noch etwas anderes: Das Ausblenden von Teilbereichen der Wirklichkeit. Im Extremfall leugnet man sie, um das eigene Selbstbild aufrecht zu erhalten. Ich habe mal gegoogelt: Es gibt sogar ein dazu passendes Krankheitsbild: die dissoziative Amnesie.
Andersartigkeit als Bereicherung
Zu leben heißt ja im Regelfall auch, dass man ein positives Bild von sich selbst hat. Um dieses Bild aufrecht zu erhalten, muss man im Zweifelsfall die eigene Wahrnehmung so anpassen, dass man selbst als Messias oder Retter oder jedenfalls derjenige dasteht, der immer recht hat. Damit das aber überhaupt funktionieren kann, muss man vieles komplett ausblenden: die eigene Unzulänglichkeit und Fehlbarkeit, dass Andersdenkende auch recht haben, dass andere Lebenskonzepte gleichberechtigt sind. Dass gerade in der Andersartigkeit des Gegenüber etwas sehr Wertvolles enthalten ist.