Am Abend der Tag- und Nachtgleiche ging ich schnellen Schrittes heim, als mir ein kleiner Mann mit schütterem Haar im Schatten einer alten Kirche in den Weg trat. Wortlos reichte er mir eine schwarze Rose.
Ich schrie: „Mein Herr, doch nicht in dieser Zeit!“ Mein Gesicht lief rot an vor Wut und ich stemmte meine Beine fest in die verwitterte Grabplatte unter mir. Aufstampfen wäre allerdings zu weit gegangen.
Der kleine Mann ließ den Kopf sinken und nestelte verlegen an den Perlmuttknöpfen seines Jacketts. In der Stille des Schattens konnte ich sein Herz langsam zerbrechen hören. Da nahm ich seine Rose, breitete meinen Mantel aus und ließ den kleinen Mann ins Dunkel entfliehen.
15 Responses to “Pearl Muttour: Das Rote-Rosen-Gesicht”
Ein sehr komprimierter Text. Ich frage mich, ob es für dich schwieriger ist, eine kurzen oder einen langen Text zu schreiben.
Für mich? Ich hab auch ein paar Haikus. Aber seitenlange Texte langweilen mich irgendwann. Ich kenne die Protagonisten dann ja schon. Ich erzähl mir das zuerst halt selbst. Sobald ich es langweilig finde, kann ich nicht mehr weiterschreiben, ist das Problem.
Der/die ProtagonistIn kann sich ja entwickeln. In der Entwicklung des Charakters kann für den Leser und für dich Spannung und Kurzweil liegen. Du solltest definitiv mal ein paar Romane auswerfen.
Romane sind echt harte Arbeit. Ich wette, das ist sogar für Groschenromanschreiber Arbeit. Selbst wenn man Teile nach dem Baukastensystem verfasst, was die wohl machen. Ich fang manchmal Romane an, aber in der Entwicklung einer neuen Welt versandete das bisher immer (schöne Gegend, aber unbewohnt), oder wenn ich einen Charakter nicht mehr mochte. Eins der Bücher, die ich nicht ganz durchlesen konnte, weil ich begann, den Autor grässlich zu finden, als Person und daher auch das Buch, war „Ulysses“ von James Joyce, für mich ein ekliges Sammelsurium von Hass. Mir ist es lieber, ich finde zumindest ein bisschen Verständnis für die Charaktere. Lieben muss man sie ja nicht gleich.
Das zuletzt Gesagte finde ich genau den richtigen Ansatz: Eine Affinität zu den Charakteren entwickeln. Und weil man viel mit dem Geschriebenen zu tun hat, fliesst es richtig aus der Feder.
Ich gebe dir Recht, dass das Arbeit ist und Planung erfordert. Ein paarmal hingesetzt und fertig ist das Kapitel, so geht das leider nicht. Es hilft, wenn man sich ein kleines Exposé und dann, wenn man klarer sieht, eine Kapitelabfolge aufschreibt. Vor allem sollte man wissen, was man eigentlich sagen will. Das finde ich auch schwierig. Weil es nicht um die eine Botschaft geht, sondern um einen ganzen Strang einzelner Teile, die sich aufeinander beziehen.
Ich kann nur eines schreiben: Wenn du so Sachen verfasst wie dieses hier http://grummelei.wordpress.com/2013/10/29/ich-werde-es-mir-nicht-mehr-leisten/ , dann denke ich, das könnte Teil eines Romans sein. Auf deinem Blog sind noch andere Sachen, von denen ich das denke und bei denen ich neugierig auf mehr wäre.
Wieviel Romane hast du denn geschrieben?
Ja schon, aber den Roman wollte ich eigentlich nie schreiben, denn dann müsste ich tot sein. Da haben sich die Leute schon immer drüber beschwert. Aber ich weiß doch jetzt noch nicht, wie irgendetwas endet und ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen will oder ob oder was das Leben mir sagen will. Lass es gleich sein?
Keinen. Ein Sachbuch. Aber die Arbeit daran hat auch ein Jahr gedauert und ich habe gesehen, dass schreiben an einem Buch viel mit Organisation zu tun hat.
Ich wollte nur sagen, dass es die Art manchen Deiner Texte nahe legt, dass man deren Geschichte fortschreibt.
Du bist nicht der erste, der das sagt. Mein zweitliebstes Buch ist „In watermelon sugar“ von Richard Brautigan. Das gibts auch auf deutsch (in Wassermelonen Zucker). Richard Brautigan konnte auch nichts aushalten und hat sich erschossen. Total seltsam, denn sein Buch hat mir schon einmal sehr geholfen. Aber ich glaub nicht, dass der sich da vorher einen sagenhaften Plan über den Verlauf gemacht hat. Wenn ich mal ein Kinderbuch schreiben sollte, dann mache ich auch einen Plan.
Siehe meinen anderen Kommentar. Für mich geht das so nicht, ich weiß einfach vorher nicht was passiert, die Angelegenheit ist wie ein Film in meinem Kopf, der läuft da entweder oder aber nicht. Ich hab mir schon sehr sehr lange fortlaufende Geschichten ausgedacht, und nicht aufgeschrieben, aber die hatten nie ein Ende und versickerten irgendwann. Und ja, ich hab auch schonmal versucht ein Konzept zu machen und da fiel mir genau gar nichts zu ein. sagenhafte gähnende Leere. Gratuliere zum Buch! Sachbücher sind doch genauso toll. Ich les gern Sachbücher. :)
Das kann ich verstehen. Wenn ich sowas schreibe wie im Kommentar vorher, kann es nur allgemein-animierend und theoretisch gemeint sein. Alles andere wäre vermessen. Dann ist es so.
Ich persönlich weiß, dass es anders geht. Ich kenne sowohl diesen Schreibfluß, der irgendwo unvermittelt endet als auch die Wiederaufnahme eines bereits geschriebenen Textes und seine Erweiterung. Funktioniert bei mir so, dass ich durch alle möglichen alten Texte inspiriert werde, weiterzuschreiben.
Wird aber mit dir nichts zu tun haben, wie ich jetzt lese.
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