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Web-Literatur „Traum-Story“: Die Bibliothek des sich aufbauenden Lächelns

Ein Stück Literatur mit einer Zeichnung von Ralf Wasselowski.

Im Traum sehen wir die Realität. In der Wirklichkeit träumen wir.

Ich bin in eine riesige, besondere Bibliothek gegangen. Von außen ein gigantisches Gebäude, mit großen Säulen draußen, ähnlich wie der deutsche Reichstag oder das Brandenburger Tor. Einfach kollosal.

Ich bin zu einer Zeit kurz bevor die schließen wollten angekommen. Die Bibliothekarinnen schienen mich zu kennen, sie waren sehr gut angezogen und wirkten eher wie Vorstandsvorsitzende. Ich habe mit mehreren geredet, dass ich in die Bibliothek wollte. Alle haben leicht genervt die Augen verdreht – vor allem aber amüsiert. Ich war dann in einem Raum mit vier von ihnen, brachte noch mal meinen Wunsch vor und gleichzeitig war allen bewusst, dass das mit mir ganz lange dauern würde und dass ihr der Feierabend dahin wäre. Schließlich hat eine gesagt, ich solle mal mitkommen und was ich mir ansehen wollte. Sie war schlank, groß und hatte glatte dunkle Haare. Sie hat trotz der Belastung durch mich gelächelt und war sehr freundlich.

Ich habe mir überlegt, was ich hier eigentlich wollte. Im Traum habe ich gemerkt, dass es gar keinen Grund gab, hier zu sein. Und mir war auch aufgefallen, dass sie das zwar nicht gut fanden, dass ich so spät da aufgetaucht bin, dass mir aber niemand wirklich böse war, so als wäre das schon oft vorgekommen, als wäre das an der Tagesordnung oder als würden wir alle uns schon ewig kennen. Mein später Besuch hatte irgendeine Art von Selbstverständlichkeit. So als würden alle diese Frauen davon ausgehen, dass die Belastung durch mich zwar irgendwie nicht gut ist aber dann doch zum Tagesgeschäft gehört. Sie haben auch alle mit mir rumgewitzelt.
Als diese Bibliothekarin und ich auf dem Weg zum Fahrstuhl waren, hindurch durch lange Gänge, die irre hoch waren, und sie mir die Frage gestellt hatte, was ich eigentlich ansehen wolle, habe ich mir erstmal überhaupt überlegt, was ich da will. Ich habe an die Erstausgabe des F.A.Z.-Magazines gedacht, das viele Jahre lang als vierfarbige Zeitschrift im Tiefdruckverfahren am Freitag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beigelgt war. Im realen Leben habe ich die gesammelt, nur die allerersten Ausgaben habe ich nicht. Art Director von Anfang an, war Willy Fleckhaus gewesen, der auch in den 6oer-Jahren „Twen“ gestaltet und konzipiert hatte. Ich habe es ihr gesagt und sie hat nur gelächelt.

Dann ging die Fahrstuhltür auf. Der Fahrstuhl war groß wie ein Wohnraum. Er war leer. Aber auf dem Boden waren Verunreinigungen, z.B. ein zertretenes Butterbrot. Ich habe zu der Bibliothekarin gesagt, dass ich erst den Fahrstuhl sauber machen werde. Es hat sich gegenüber von da, wo wir ihn betreten hatten, eine Tür geöffnet. Ich bin da hinein gegangen und mit einem Putzeimer und Lappen zurückgekehrt und habe allen Dreck weggemacht. Die Bibliothekarin hat gelächelt und etwas amüsiert getan. Ich habe aber gemerkt, dass sie es mir hoch angerechnet hat, dass ich das getan habe. Ich habe gespürt, dass sie sich trotz der Zeitverzögerung innerlich sehr entspannt hat und es gut fand, dass ich mich darum gekümmert habe.

Dann sind wir hochgefahren und doch heruntergefahren und sie hat mich gefragt, ob sie mir die Stadt zeigen soll. Es war Hamburg. Wir sind nach draußen gegangen und haben eine irre breite Straße überquert. Währenddessen hat sie in Richtung der gegenüber liegenden Straßenseite nach anderen international bekannten männlichen Bibliothekaren gebrüllt, so als wären die da. Ich weiß nicht mehr, was ihre Worte waren, sie hat ihnen einen Satz mehrfach entgegen geschrieen. Ich glaube, es war aber gar kein Inhalt, sie hat sich nur irgendwie abreagiert. Die Schreie mussten raus. Danach war sie noch entspannter.

Wir sind dann an dieser irre breiten surreal wirkenden Straße hochgeschwebt. Die Häuser waren normale Wohnhäuser aber monolithisch wie Wolkenkratzer. An den Dächern entlang sind wir weitergeschwebt. Wir haben die Häuser auf der gegenüber liegenden Seite, die Straßen, den Hafen und das alles betrachtet. Sie hat es mir erklärt aber vieles kannte ich, weil ich ja in Hamburg gewohnt hatte. Das ging ziemlich lang so. Wir haben uns gut unterhalten und wurden miteinander vertraut.

Dann waren wir in ihrer Wohnung, in der ich mich sofort wohl gefühlt habe. Sie ist zu einem Regal gegangen und kam mit einem mehrdimensionalen gläsernen Schachspiel zurück. Es hatte drei Ebenen, auf denen man gleichzeitig spielen musste. Sie hat zu mir gesagt, dass gestern ein Mann bei ihr gewesen wäre, der zu ihr gesagt habe, dass er mit ihr schlafen wolle. Sie hätte ihn gemocht aber sie hätte zu ihm gesagt, dass sie mit ihm Schach spielen wolle. Wenn er gewinnen würde, würde sie mit ihm schlafen. Sie haben also gespielt, und er hat verloren und musste gehen.

Dann hat sie das Schachspiel vor mich auf den Tisch hingestellt und zu mir gesagt: „Lass uns spielen.“ Ich habe sie angeguckt und wusste ja, dass ich überhaupt nicht Schach spielen kann, und zugleich habe ich gemerkt, dass sie eine Meisterin im Schachspielen war. So wie sie mich angesehen hat, kam es mir vor, dass sie nun absichtlich verlieren wollte. Wir haben uns gesetzt und angefangen zu spielen.

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