Barack Obama, der Präsident, mit dem ein beträchtlicher Teil seines amerikanischen Volkes gefremdelt hatte, hat doch noch bewiesen, dass er einer von ihnen ist.
Denn der Gorbatschow-Effekt hielt zum Glück nur bis zu dem Zeitpunkt der Exekution des altersschwachen Osama bin Laden im Terroristen-Rentner-Paradies Pakistan an.
Ist Osama bin Laden Darth Vader und Barack Obama Luke Skywalker?
Aber alles wird jetzt gut. Kathryn Bigelow, die Ausnahme-Regisseurin, hatte einen Film über die ein Jahrzehnt dauernde Hatz auf den saudi-arabischen Darth Vader in Arbeit, als die Realität sie linksspurig mit überhöhter Geschwindigkeit überholte. Deshalb bekommt ihr Filmchen wohl ein Happy End. Im wirklichen Leben hat Luke Skywalker Darth Vader durchgewalkt, und auch im Film siegt das Gute. Obama, der politische Regenmacher, hat endlich eine der dunkelsten Wolken vom Himmel regnen lassen. Wie der Niederschlag danach aussehen wird, darauf bin ich gespannt.
Ist es besser, seine Feinde nur im Computerspiel zu zermalmen?
Und jetzt gibt es auch noch ein Spiel, natürlich einen Ego-Shooter, in dem man Osama bin Laden suchen, verfolgen und killen kann. Überhaupt, virtuell kann man inzwischen so ziemlich jeden Lieblingsfeind ermorden. Pädagogisch eine gute Vorbereitung auf das wirkliche Leben. Wen wundert es denn da im Ernst, dass einem jedesmal in die Fresse getreten wird, wenn man freundlich lächelnd auf dem Bahnsteig nach dem Weg oder der Uhrzeit fragt? Noch landet man dabei meistens nur im Koma, Osama bin Laden war aber nicht per U-Bahn unterwegs. Deshalb hat es ihn vollends erwischt. Im realen Leben sowie im virtuellen. Eine Art ekliger Leichenfledderei am Bildschirm.
Die aggressive Gesellschaft: Krankheit als Nomalzustand
Einer Gesellschaft, die so spielerisch-aggressiv mit ihren Problemen umgeht – dabei ist das tiefere Problem nicht, dass Al Kaida existiert, sondern warum die Terroristen Terror verüben – muß man wohl ein pathologisches Stadium attestieren: Durch und durch krank eben. Fällt aber nicht weiter auf, sofern Krankheit ja der Normalzustand ist. Das ist so ähnlich wie mit dem Waffentragen in den USA: Jeder trägt eine, hält das für sein legitimes Recht und denkt, das wäre völlig normal so. Kein amerikanischer Politiker, so fortschrittlich er auch sein mag, würde sich wagen, Waffentragen zu verbieten. Das wäre so, als würde man in Deutschland die ADAC-Mitgliedschaft verbieten – einfach undenkbar.
Schule des Lebens: Killen als soziale Übereinkunft
So schulen sich also die Kids weltweit darin, den Feind auszumachen und zu vernichten. In Amerika als Teenie erst virtuell per Ego-Shooter, dann in mittleren Jahren mit einer abgesägten Schrotflinte während eines kleinen Amok-Laufs in der hiesigen McDonald’s-Filiale und schließlich gereift in der Army: Vom Hubschrauber aus Journalisten oder arglose Passanten ins Reich des Himmels befördern oder eben als Navy Seal den alten Gevatter Usama bin Ladin, der gerade noch Fernsehen geguckt hat und über die Statik neuester amerikanischer Architektur-Vorzeigeprojekte sinnierte, die er bald zum Einstürzen hatte bringen wollen. Doch, oha, wo er die Nacht zuvor noch davon geträumt hatte, er würde in einem Ego-Shooter erwachen und darin von baumlange Soldaten gejagt werden, fühlte er nun einen Gewehrlauf an seiner Schläfe, sah den extrem breiten Schatten einer Gruppe von 24 Navy Seals auf sich fallen – und dann war da nur noch eine große Dunkelheit, so dunkel wie sein schwarz gefärbter Bart, so schwarz wie das Innere der Gewehrläufe der Navy-Seals, so absolut pechschwarz wie der Bildschirm seines 14-Zoll-Fernsehers, nachdem er für immer ausgeschaltet wurde.