Man kennt aus den Medien die Nachrichten von KriegsGebieten, in denen Hochzeits-Gesellschaften beschossen und von Soldaten ganz oder zum Teil getötet wurden, oder von Diskotheken, in denen eine Bombe hoch gegangen ist. Immer dann, wenn Menschen feiern und dabei zu Tode kommen, hinterläßt das besonders tiefe Spuren.
Den Ort, an dem anlässlich der Loveparade 21 Menschen zu Tode kamen und über 500 verletzt wurden, kann man nicht mehr neutral ansehen. Was hier geschehen ist, scheint vielen immer noch unvorstellbar. Man wollte feiern, dann kam der Tod.
Deshalb kehren sie hierhin zurück, zur Unterführung, die der Zugang zum Veranstaltungsgelände war. Sie sprechen mit anderen Besuchern, versuchen das Unfassbare zu verstehen. Das ist schwierig.
Viele haben Kameras mit, fotografieren, was zu sehen ist, vor allem die vielen Kerzen und Beileidsbekundungen – aufgehängt, angeklebt, laminiert oder in Kunststoff-Hüllen einfach irgendwo hingelegt.
Manche sehen traurig aus, die meisten ernst. Viele kommen auch nur, um zu sehen. Aus Neugierde. Man sieht ihnen teils das schlechte Gewissen an. Andere haben einen verunsichert-suchenden Ausdruck im Gesicht. Sie wissen nicht genau, was sie suchen sollen.
Der Moment, in dem die Panik ausgebrochen ist und viele Menschen hingefallen oder gegen Wände gedrückt wurden, wird nur ganz kurz gedauert haben. Es wären verschiedene Möglichkeiten dagewesen, um zu flüchten. Aber wenn Panik ausbricht, ist alles zu spät.
Der Ort des Geschehens wirkt kahl, industriell. Er hat eine gewisse Kargheit. Gekoppelt mit den Geschehnissen, die am Samstag zu den schrecklichen Geschehnissen geführt haben, hat er etwas Endzeitmäßiges.
Im Tunnel stehen jetzt hunderte, vielleicht tausende, Kerzen. Die Atmosphäre ist kirchlich-religiös angehaucht. In dem Maße, in dem an die toten und verletzten Menschen erinnert wird, in dem Maße wird auch an das Unrecht erinnert – und gibt der Angelegenheit politische Ausmaße.
Normale deutsche Hinweis-Schilder wirken im neuen Zusammenhang surrealistisch. Sie erinnern gleichzeitig an die typisch deutsche Behörde – was wieder zum politischen Zusammenhang um die Ereignisse rund um die Loveparade passt.
Unfallgefahr? Wenn die Politik auf die Einwände im Vorfeld der Veranstaltung gehört hätte, wäre niemand zu Tode gekommen.
Ein Ort des Gedenkens: Der Andrang in der Unterführung ist teilweise sehr groß. Man fühlt sich dadurch daran erinnert, wie es vielleicht war am Tag der Deathparade.
Die Decke der Unterführung ist sehr niedrig und gebogen. Sie reflektiert jedes Geräusch mit viel Hall. Sie soll 16 Meter breit und etwa 120 Meter lang sein. Hier draußen ist der Himmel am Montag danach offen und hell. Es regnet.
Die Loveparade-Besucher kamen von beiden Seiten der Unterführung und gingen eine Rampe hoch, die hier oben und unten zu sehen ist.
Niemand hat sich getraut, die letzte Absperrung zur Seite zu schieben und hoch auf das Gelände zu gehen. Noch wirkt das wie ein Tabu.
Das, was die HIlfskräfte und Sanitäter zurückgelassen haben, ist von mehreren Seiten mehr zufällig eingezäunt, weil die Menschen die Zäune weggeschoben haben. Wäre es nicht so schrecklich, man könnte es für eine Kunstinstallation halten.
One Response to “Loveparade: Bilder aus Duisburg vom Ort nach der Katastrophe”
[…] Klar scheint Folgendes zu sein: Die Erlaubnis für den Berrieb der Loveparade lag erst am Samstag um 9 Uhr vor, also dem Tag, an dem die Loveparade stattfand. Die Nacht vorher wurde das Sicherheitskonzept immer noch kontrovers diskutiert und war bei Polizei und Feuerwehr umstritten. Durchgesetzt hat sich aber die sachfremde Politik. […]