Draußen muß etwas erneuert werden. Es sind die Leitungen. Der Hausbesitzer wollte nicht. Aber Papa und Mama sind vor Gericht gegangen und haben, wie sie sagen, ein Recht bekommen. Jetzt muß der Boden aufgemacht werden. Große Wagen mit Handarbeitern kommen. Sie haben die Erde aufgegraben. Ein tiefes Loch. Ich bin mit den Inlinern bis vor das Loch gefahren und gegen die Absperrung gehauen mit dem Bauch. Dann bin ich hingefallen und saß plötzlich mit dem Popo auf dem Rand des Loches.
Mama hat gesagt siehst Du und dass ich großes Glück gehabt hätte. Opa hat mir mit der Hand über das Haar gestrichen und ein Auge zugekniffen. Dann war Opa weg. Einfach verschwunden. Papa hat die Polizei gerufen, Oma hat geweint. Opa war noch nie weg. Wir Kinder wußten, wo er war, aber die Erwachsenen wollten nicht zuhören. Wenn ihr jetzt denkt, die Geschichte geht so weiter, dass Opa in das tiefe Loch gefallen ist und dass man ihn später darin gefunden hat, dann täuscht ihr euch. Opa hat auch kein Alzheimer und irrt durch die Straßen. Er hat sich auch nicht mit Oma gestritten oder hat eine Geliebte. Er ist nicht überfahren worden und er ist überhaupt nicht tot. Kein Unfall, kein böser Mann. Opa lebt und es geht ihm gut. Opa lebt. Er hat sich nicht versteckt. Oma sagt, dass etwas passiert sein muß. Er hat kein Geld, keinen Personalausweis und keinen Haustürschlüssel. Oma sagt, dass er seit gestern Abend noch nicht einmal gegessen hat. Auch alle Jacken sind da.
Wir Kinder haben gelacht. Opa geht es ja gut. Die Erwachsenen haben alle Räume im Haus abgesucht. Sogar unter dem Bett haben sie nachgeschaut. Wir haben auch noch einmal überall nachgeschaut, obwohl wir wußten, wo Opa ist. Einmal standen wir ganz dicht neben ihm, wo er war, und Papa stand auch daneben, aber er hat nichts gemerkt. Wir haben weitergesucht, sind aus dem Keller in die anderen Stockwerke gegangen, wo er ja natürlich nicht dawar. Wir sind hinters Haus gegangen und haben uns kaputtgelacht. Ich habe gar nicht mehr aufgehört. Wir haben so viel gelacht, bis uns die Tränen kamen. Da kam Mama aus dem Haus und hat uns angeschrien, was soll das, spinnt ihr denn? Habt ihr denn gar keine Angst um Opa. Wenn man euch braucht, seid ihr nicht da. Liebt ihr euren Großvater gar nicht?
Wir sind ganz ernst geworden. Dann gab es einen Stubenarrest. Ich habe sehr geweint. Aber Mama hat gar nicht darauf geachtet und immer weiter böse mit uns geredet. Als ich die Treppe hoch mußte zu meinem Zimmer, habe ich Papa gesehen. Er stand neben der Couch und hatte Tränen in den Augen. Da mußte ich wieder lachen, denn Opa macht öfters Scherze, wo es ernst zugeht. Hinterher regen sich alle auf und sagen, dass man nicht unterscheiden kann, ob es ernst ist oder nicht. Jetzt hat Opa gesagt, es wird Zeit, ihr seid groß genug. Jetzt machen wir ein Kooperationsprojekt. Ich habe es bereut, weil es jetzt ernst geworden ist. Fast hätte ich Mama gesagt, was mit Opa los ist. Aber er hat gesagt, ihr seid groß, ihr dürft auch keinen Fall verraten, wo ich bin, sonst ist der Spaß vorbei. Und wenn der Spaß vorbei ist, dann ist es nur noch ernst und dafür lebt man nicht.
Opa geht es gut, aber ihr müßt jetzt erraten, wo Opa ist.
33 Responses to “Mitmach-Geschichte: Wo ist Opa?”
Ich weiß wo Opa ist! Ihn hat der ganze Baustellenlärm fürchterlich genervt, denn es lief gerade Deutschland gegen Ghana. Da hat er sich einfach in die nächste Eckkneipe aufgemacht. Als er Dir draußen vor dem Loch über den Kopf gestrichten hat, hatte er es eilig, nicht zuviel von dem Spiel zu verpassen, darum war er so schnell weg.
Es ist ja auch brüllend heiß draußen gewesen, darum braucht er natürlich keine Jacke. Den Haustürschlüssel hat er zuhause gelassen, weil er ja wusste, dass alle anderen da sind – er kann ja klingeln. Und Geld braucht er auch keines, weil die Wirtin ihn schon anhimmelt, seit er damals noch ein schneidiger, knackiger Junggeselle war. Da läßt er den Monat über anschreiben und zahlt immer am ersten Montag, wenn die Rente eingetrudelt ist. Oma hat er naürlich nichts davon erzählt, die ist ja schon seit Jahr und Tag auf die Wirtin eifersüchtig.Verständlicherweise! Eigentlich wollte er ja auch direkt nach dem Spiel wieder nach hause kommen, aber dann hat er in der Kneipe ein paar alte Kumpel aus der Fliegerstaffel getroffen und ist mit denen versackt.
Als Ihr bei der Hausdurchsuchung einmal fast neben ihm standet, meintet ihr den Zeitungsartikel über Opa & seine Flieger-Jungs, der in seinem Zimmer an der Wand hängt. Die Wirtin hat den Zeitungsartikel übrigens auch ausgeschnitten und trägt ihn immer an ihrem ausladenden Busen. Ihr seht also, Opa ist tatsächlich sehr gut aufgehoben.
Opa hat sich einen Handwerker-Blaumann angezogen und kommandiert nach Herzenslust die anderen Handwerker im Loch herum.
Sobald jemand eine Uniform anhat, sieht man nur noch diese und schaut niemandem mehr ins Gesicht. Deshalb erkennt auch keiner aus der Familie Opa.
Und weil er den Vorarbeiter-Blaumann anhat denken die anderen Handwerker, er sei ihr Boss.
Wenn Opa keine Lust mehr dazu hat, zieht er den Blaumann einfach wieder aus und ist wieder Opa – so einfach ist das mit dem Rollentausch und dem unsichtbar werden.
Opa ist unsichtbar geworden. Er ist die ganze Zeit da, aber nur für die Kinder zu sehen. Opa kann sich durchsichtig stellen, wenn er will. Er kann zaubern. Manchmal, wenn er Langeweile hat, wird er einfach durchsichtig. Er ist schon ein paar Mal im Leben verschwunden, weil er sehen wollte, ob es den Leuten auffällt und was dann passiert.
Opa bekommt manchmal große Pakete oder Lieferungen, weil er handwerklich sehr viel macht und zum Spaß Möbel baut. So hat niemand gemerkt, dass er sich einen Salzwasser-Tank bestellt hat. Das ist ein großer Behälter, gefüllt mit Salzwasser, in den man sich hineinlegen kann, um zu entspannen. Opa fastet auch manchmal, um abzuspecken. So hat er sich in seiner Fastenzeit in diesen Behälter gelegt, der im Keller steht, um seine Gedanken mal so richtig freien Lauf zu lassen. In der Salzwasser-Lösung kann man nicht untergehen. Er hat sich auch etwas zu trinken mitgenommen und richtig schön entspannt. Als er dann wieder bei Oma aufgetaucht ist, war es, als sei er zehn Jahre Jünger. Oma hat sich aufgeregt, dass er solche Streiche macht, aber sie war doch froh, dass er wieder da war.
Ach so, und ich dachte, der Behälter sei ein Teleporter (siehe die Fliege, Neuverfilmung) gewesen, dessen Pendant in Opas Lieblingskneipe auf den Bahamas steht. Da er Flugangst hat und das Reisen für ihn auch schon etwas beschwerlich ist, konnte er so problemlos „abtauchen“.
Bis jetzt hatte es keiner aus der Familie bemerkt, wohl auch wegen der Zeitverschiebung von 6 Stunden. Opa konnte immer bequem nachts verschwinden, denn auf den Bahamas ist es 6 Stunden früher. Aber als die Handwerker die Grube aushoben, haben sie die Anbindung der Teleporter an das Stromnetz beschädigt, wodurch deren Tarnvorrichtung ausser Kraft gesetzt wurde. Das haben die Kinder entdeckt. Unter Zusicherung ihres Stillschweigens durften sie der Reparatur beiwohnen. Grade als Opa in den inzwischen wieder unsichtbaren Teleporter gestiegen war, kam der Vater in den Keller. Daher mussten die Kinder lachen, weil sie wussten, wo Opa grade war…
Oder so: Opa ist ein Zeitreisender. Er kann mittels einer Maschine, die er gebaut hat, die aber aussieht wie eine alte Haartrocknenhaube, in die Vergangenheit und in die Zukunft reisen. Das muß man sich so vorstellen, dass er wohl an dem Ort bleibt, von dem aus er die Reise angetreten hat, aber er ist nicht mehr sichtbar, weil er ja in einer anderen Zeit ist. Zum Beispiel reist er nochmal einige Jahre zurück zu dem Zeitpunkt, an dem seine Kinder geboren wurden oder er reist in die Zukunft, um zu sehen, was aus seinen Enkelkindern wird. Opa ist ein genialer Erfinder, er redet aber nie über die Apparate, die er entwickelt hat. Nur die Kinder wissen, was er alles kann, weil sie ihn manchmal beobachtet haben, wenn er sich unter den „Haartrockner“ gesetzt hat und dann verschwunden ist.
Opa ist ein Zauberer, er kann sich in jeden beliebigen Gegenstand, den man sich vorstellen kann, verwandeln. Zum Beispiel in eine Lampe, in ein Bügeleisen oder in einen Fingerhut. Einmal hat er sich in eine Tageszeitung verwandelt und Oma hat gar nicht gemerkt, dass sie in Opa ließt. Ein anderes mal hat er sich in ein Waschbecken verwandelt. Und als die Kinder ganz schmutzig von draußen rein kamen und direkt in ihr Zimmer hochlaufen wollten, hat das Waschbecken gerufen: „Kommt mal her ihr Schmutzfinken und wascht euch gefälligst.“ Ein anderes Mal war im Kinderzimmer eine Mücke, die die Kinder gebissen hat. Sie konnten gar nicht mehr schlafen. Da kam Opa, der sich in eine Spinne verwandelt hatte, und fing die Mücke und fesselte sie mit Spinnfäden. Endlich konnten die Kinder schlafen.
Opa ist doch in das Loch gefallen, aber er wollte das, weil er die Erwachsenen veräppeln wollte. Dann hat er sich ganz braune Sachen angezogen auch eine braune Kaputze über den Kopf gestülpt, dann hat er sich auf den Bauch gelegt und es sah aus, als ob er aus Erde wäre. Er hat sich ganz unten in der Grube versteckt, so konnte ihn niemand entdecken und auch die Bagger konnten ihn nicht hochschaufeln. Irgendwann hat er seine kleine braune Leiter ausgepackt, ist daran aus der Grube hochgestiegen, hat sich gewaschen und ist einfach ins Bett gegangen, als wenn nichts wäre. Am nächsten Morgen ist Oma aufgewacht und hat ganz dumm geguckt.
Opa liebt Oma sehr. Manchmal liebt er sie so sehr, dass die beiden Eins werden. Dann denkt sie, er ist nicht mehr da, aber er ist ganz nah bei ihr.
Opa ist geschrumpft. Er ist ganz klein und läuft als Mini-Zwerg durch die Gegend. Er ist so klein wie ein Insekt. Das ist magisch. Er hat jetzt eine Piepsstimme, die nur die Kinder hören können. Manchmal kämpft er mit Ameisen, Fliegen und Mücken, die er besiegt und in einem Behälter für uns sammelt. Opa schläft nachts bei Oma im Bett, im Saum ihres Nachhemdes. Sie merkt das aber gar nicht, weil er so klein ist. Er muß nur aufpassen, dass er nicht plattgewalzt wird, wenn sie sich im Schlaf dreht.
These 1: Nicht Opa, der Ich-Erzähler ist ins Loch gefallen und träumt seitdem im Delirium verwirrende Träume.
These 2: Rolf, der Autor dieses Stücks, hat sich irgendwo die Birne angestoßen – möglicherweise nach dem Sturz in ein Bauloch – und sitzt nun im Delirium über seiner Tastatur.
These 3: Opa ist Pan Tau. Hin und wieder zaubert er sich mit seinem Zauberhut auf Puppengröße. Seiner Frau hat er zur Hochzeit versprochen, das nie wieder zu tun. Doch er kann es nicht lassen. Nur den Kindern mit den reinen Seelen kann er vertrauen, dass sie ihn nicht verpetzen.
These 4: Opa ist das Oberhaupt einer Glühwürmchenfamilie. Hin und wieder geht ihm die Puste aus, dann kann er einfach nicht mehr leuchten. Es ist ihm peinlich und er versteckt sich im hohen Gras. Die Kinder, die gerne im Gras toben, haben das längst rausgekriegt. Netterweise verpetzen sie Opa nicht, obwohl sie spitz gekriegt haben, dass seine Erklärung von dem „Spaß“ der Familie gegenüber geflunkert ist.
These 5: Rolf ist ein Glühwürmchenpoet. Dauernd dichtet er Geschichten aus der glamourösen Menschenwelt, die ihm – wie allen Glühwürmchen– nur vom Hörensagen bekannt ist. Deshalb – erstens – muten die Geschichten, zumal für Menschen, befremdlich an. Und – zweitens – kriegt er die Geschichten nie zu Ende, weil es ihm doch an elementaren Kenntnissen der menschlichen Psyche, der menschlichen Sitten und der menschlichen Bürokratie fehlt.
These 6: Rolf ist ein an einem 1000-seitigen Mamutwerk arbeitender stümperhafter Romancier, der die Lücken in seiner Phantasie durch Community-Projekte zu stopfen gedenkt. Ein wirklich moderner Gedanke.
These 7: Es handelt sich um eine Verschwörung gegen Opa. Die Familie hat beschossen, ihn dadurch los zu werden, dass sie ihn ignoriert. Die Erwachsenen tun einfach so, als sähen sie Opa nicht mehr. Soll er doch einfach verschwinden!
Die Kinder, die nicht eingeweiht sind, halten alles für ein Spiel von Opa. Der lässt die Kinder in dem Glauben. Der Schmerz für sie, dass alle Opa loswerden wollen, wäre zu groß.
These 8: Es handelt sich um eine Verschwörung der Kinder. Nachdem Opa sie schon wieder nicht mit seiner fantastischen Modelleisenbahnlandschaft im Keller spielen lassen wollte, haben sie sich gerächt. Brutal gerächt. Mit einer gefühlt übertriebenen, medizinisch aber bedenklichen Menge von Omas Schlaftabletten in Opas Kaffee. Dass die Wirkung der Schlaftabletten ausgerechnet einsetzte, nachdem Opa zu Reparaturarbeiten in den Eisenbahntunnel seiner fantastischen Eisenbahnlandschaft kriechen musste, war eher Künstlerpech und entzog sich streng genommen der Verantwortung der Kinder.
Hätten sie ein Wort gesagt, wären sie dran gewesen. Bei Blödsinn erwischt zu werden galt unter ihnen aber als uncool. Also schwiegen sie und suchten zusammen mit den Anderen nach Opa.
These 9: Nie hat Opa sich getraut, sein Transxuelen-Zweitleben offen zu legen. Immer, wenn er sich in einen Fummel wirft und auf Männerfang geht, ist seine Verwandlung so komplett, so unfassbar, dass seine Verwandten ihn nicht erkennen würden, selbst wenn sie ihm direkt gegenüber ständen. Das Bauloch mit den schwitzenden, oben rum nackten Männerkörpern war einfach zu verlockend. Eine Transe muss sich ausprobieren.
Dass die Kinder ihn erkennen, liegt an der unbändigen Neugierde der Kinder sowie an einem Mangel an moralischem Verhaltenskodex. Man schaut nicht durch Schlüssellöcher! Doch mach‘ das diesen Kindern mal begreiflich.
Die Star-Trek-Erklärung: Die Lochaushebarbeiten haben zu hochfrequenten Vibrationen geführt, die genau auf der Resonanzfrenquenz von Opa lagen. So, dass dieser zum Schwingen angeregt wurde. Immer schneller schwang er, mit immer größerer Amplitude. Bald vibrierte er so schnell, dass er den für das menschliche Auge sichtbaren Bereich verliess. Die Kinder indessen, ihre Augen durch ganznächtliche Computerbildschirmanbetung und Fernsehguckmarathons an flimmernde Frequenzen adaptiert, waren doch tatsächlich in der Lage, Opa zu sehen. Nicht so scharf wie gewohnt, aber doch so deutlich, dass sie zweifelsfrei erkennen konnten, dass es ihm gut geht.
Doch wie sollen Kinder Erwachsenen klar machen, dass sie etwas sehen, was die Erwachsenen nicht sehen? Das ist unmöglich. Schließlich versuchen Kinder das während ihres Heranwachsens andauernd. Immer mit dem gleichen Ergebnis: Die Erwachsenen glauben ihnen nicht. Die Erwachsenen hören nicht hin. Die Erwachsenen kürzen ihr Taschengeld. Da halten kluge Kinder doch lieber die Klappe.
Die Private-Praxis-Erklärung: Opa hat sich unters Messer gelegt. Endlich. Gleich in der Privatklinik quer über die Straße. Manchmal kann man ihn an einem der erleuchteten Fenster vorbeigehen sehen, wenn man genau hinguckt. Für diese Operation hat er jahrelang gespart. Für Oma tut er es. Um das, was zwischen ihnen eingeschlafen war, wieder aufpeppen. Aufrütteln. Er will Oma damit zu ihrem Siebzigsten überraschen. Deshalb hat er es geheim gehalten. Weil er aber doch Verbündetete brauchte, hat er die beiden Kinder eingeweiht.
Die Twilight-Zone-Erklärung: Ohne es zu ahnen haben die Lochausheber ein Portal in eine andere Dimension geöffnet. Es wurde 716 n.C. von einem die Menschheit retten wollenden Mönch vergraben und hat seitdem dort gelegen, ohne weiteren Schaden über die Welt zu bringen.
Das Portal verschlingt alles und jeden, der von einer bestimmten Seite aus, in einem bestimmten Winkel und mit hoher Geschwindigkeit ins Loch fällt und transportiert ihn quer durch die Dimensionen an einen ganz furchtbaren Ort. Direkt in den Magen eines gigantischen missmutigen Megasaurus. Dort ist die Magensäureaktivität, besonders bei Dimensionsportalaktivitäten, so hoch, das ein Mensch innerhalb von Sekunden verdaut wird. Interessanterweise bleibt von einem solcherart wegdimensionierten Wesen in unserer Welt für viele Stunden eine Art Echo übrig, das von einigen sensiblen Menschen wahrgenommen werden kann. Es ist so lebendig, dass man glauben kann, der wegdimensionierte Mensch lebt noch. Es kann sogar sprechen, ist man nur sensibel genug, es wahr zu nehmen.
Die Arsen-und-Spitzenhäubchen-Erklärung: Es ist schon Jahre her, dass Opa und Oma bei ihnen einquartierte Penner vergiftet und im Keller (Panama-Kanal, ihr kennt den Film?) vergraben haben. Nachdem ihr Sohn mit Ehefrau und eigenen Kindern im Zuge der Finanzkrise wieder bei ihnen eingezogen ist, mussten sie diese Aktivität aufgeben. Die Lochauhebarbeiten direkt vor ihrer Tür wurden zur Gefahr für ihr Geheimnis. Es bestand die Möglichkeit, dass auch in ihrem Keller nach Leitungen gebuddelt werden könnte. Also beschließt Opa, die im Keller ruhenden Leichen wieder aus zu graben und an einen anderen Ort zu bringen. Die Leichen bestehen nur noch aus Knochen. Die sammelt Opa in mehreren Säcken und stapft damit los. Die Kinder erwischen ihn gerade in dem Augenblick, in dem einer der Säcke aufreißt und die verräterischen Knochen freigibt. Opa, nicht auf den Mund gefallen, tischt ihnen sofort eine Lügengeschichte auf, die sie ihm abkaufen und die garantiert, dass die Kinder ihn decken. Er erzählt ihnen, dass er in seiner Freizeit im Keller heimlich Skelette für den Biologieunterricht an Schulen und Universitäten aus biologisch einwandfreiem Wachs herstelle. Die Skelette verkaufe er, weil er das Taschengeld der Kinder aufbessern möchte. Aber da die Eltern der Kinder, also sein Sohn und dessen Frau, das aus pädagogischen Gründen unterbinden würden, müsse alles ein Geheimnis zwischen ihnen bleiben. Selbst Oma, die ja den Mund nicht halten könne, dürfe nichts erfahren.
Die Zombie-Erklärung: Opa ging seinen Neigungen heimlich nach. Jahrzehntelang war er ganz alleine. Einsam, alleine und gierig. Niemand ahnte etwas. Seine Kinder waren aus der Art geschlagen. Sie waren hart arbeitende, gute, ehrbare Bürger und meilenweit davon entfernt, für Opas Neigung Verständnis aufzubringen. Seine verdammten Kinder zahlten sogar brav ihre kompletten Steuern.
Erst vor etwa einem Jahr hat Opa Spuren seiner Neigung an den Enkelkindern bemerkt. Er hat sie sanft an die Sache herangeführt. Zuerst mit Kleintieren im Wald. Nach wenigen Wochen war die Gier in ihren Augen so groß, ihm so vertraut, dass er es wagte, mit ihnen den entscheidenden Schritt weiter zu gehen.
Längst hatte es sich etabliert, dass sie in den tiefen, nur ihnen bekannten Kellergewölben arbeitsteilig vorgingen. Einer oder Zwei von ihnen gingen ihrer Neigung nach, die Anderen standen Schmiere bzw. tyrannisierten und beschäftigten die Familie, auf das sie niemandes Abwesenheit bemerkten.
Dass die Kinder Opa nicht von seinem Mahl wegholen konnten, nur weil er plötzlich vermisst wurde, war Ehrensache für die Kinder. Sie kannten selbst den tiefen Rausch, in den man gelangte, hatte man erst einmal los gelegt. Also spielten sie die Unschuldigen, so wie sie es immer taten. Sie mussten ohnehin warten, bis sie im großelterlichen Schlafzimmer unbemerkt ein frisches Hemd stibitzen konnten. Opa, das kam wohl vom Alter, hat sich schon wieder von oben bis unten mit Blut vollgesaut.
Die Kinder spielen oft draußen mit Seifenblasen und versuchen immer wieder, die größte Seifenblase der Welt zu schaffen. Nun war es gelungen und Opa stieg in die Seifenblase hinein und schwebte davon. Er flog an einen geheimnisvollen Ort: Das Seifenblasenland. Dort gab es alles nur in Seifenblasen. Jedes Kind schwebte in einer Seifenblase, jeder Mensch, jeder Hund, jedes Insekt. Auch jedes Haus war von einer riesigen Seifenblase umschlossen. Manchmal, wenn Menschen sich mochten, verschmolzen die Seifenblasen zu mehreren oder zu größeren und bildeten sozusagen Seifenblasen-Kolonien. Jedes Baby, das auf die Welt kam, kam in einer Seifenblase an. Opa fand das alles sehr schön, wollte aber am Ende des Tages zurück. Als die Erwachsenen das Haus durchsucht hatten, schwebte er gerade hinter ihnen durch den Keller.
Manfred, was hast du genommen? :-)
Geht auch die Wim Wenders-Variante?
Opa ist ein Engel – und nur Kinder können ihn sehen.
(Oder habe ich etwas überlesen, was dagegen spricht?)
Mensch, Jessica, Wim Wenders habe ich übersehen. Wie konnte ich nur?
Den Film-Zyklus wollte ich mit einer Muppets-Show-Variante abschließen. Kermit als Ich-Erzähler. Allerdings hätte ich dazu die typischen Gesangseinlagen mit Gaststars schreiben müssen. Und daran bin ich gescheitert. Das Café, in dem ich geschrieben habe – eben jenes aus der Düsseldorfer Kette mit Wireless-Lan-Zugang – schloss um 20:00 Uhr. Für die Gesangseinlagen hätte ich aber länger als die verbleibenden 7 Minuten gebraucht. Wieder ein Stück Filmgeschichte, das nie realisiert wurde.
Zu der Frage, was ich genommen habe: Den üblichen Milchkaffee natürlich.
@Manfred:
Dann war da in dem Milchkaffee vielleicht noch ‚was anderes drin als Kaffee. Opa arbeitet nämlich inzwischen als Wireless-Coffee-Consultant, steht da in Düsseldorf hinter der Theke und mixt Gästen, die Unterstützung brauchen, was ‚rein in die Getränke.
@Jessica:
Spricht nichts dagegen, dass Opa ein Engel ist. Aber warum? Ist er doch in die Baugrube gefallen? Und wie könnte er dann zurückkommen? Denn die Kinder haben ja gesagt, er ist nicht tot. Ist er in einem Zwischenreich gefangen?
@Rolf
Engel leben. Zumindest sind sie nicht tot. Wohl im Religionsunterricht nicht aufgepasst?
Dass Opa zurück kommt, ist auch nicht zwangsläufig vorausgesetzt. Es geht ihm gut, ist die Aussage. Engeln könnte es ja auch gut gehen. Warum nicht? Und im Wim-Wenders-Kontext können sie auch sterblich werden.
@Jessica
Rolf hat recht, du solltest die Geschichte für uns hier entwickeln. Ausarbeiten, Feinformulieren und schließlich einstellen.
@Jessica, Rolf
Ungehörige Spekulationen über meinen (Getränke?) Konsum muss ich wohl so lesen, dass ihr im allgemeinen noch davon ausgeht, dass mein Verstand ansonsten unbeschädigt ist?
Dann würde ein Bestreiten diese letzte Gewissheit ins Wanken bringen. Also bestreite ich nichts.
@Manfred:
kannst das ruhig bestreiten. Welcher Verstand ist schon intakt? Leben wir nicht alle in Zeiten des unkontrollierten Irrwitzes, dem sich der Verstand anpassen muß, um überleben zu können?
Opa sollte auf jeden Fall zurückkommen. Alles andere würde die Kinder traurig machen. Die Engel wandeln ja nicht auf Erden. Von daher würden sie den Kindern nichts bringen. Und – sofern ich im Reli-Unterricht richtig aufgepasst haben sollte – ist es nicht so, dass man zum Engel immer erst werden kann, nachdem man gestorben ist?
@Jessica:
Ja, Jessica, wie sieht denn Deine Version einer Fortschreibung der Geschichte aus? Opa könnte ja vielleicht Helge Schneider an der Ecke in Mülheim getroffen haben, da sind sie ins Reden gekommen, und Helge hat Opa mit auf ein Konzert genommen, und Opa war so begeistert, dass er mit auf eine Deutschland-Tournee gekommen ist. Aber er hat eine Web-Cam mitgenommen, auf der die Kinder ihn immer sehen können. Opa was a Rolling Stone. Oder so.
@Rolf
Schauerliches Unwissen.
Engel sind von Gott geschaffene Geistwesen. Da musste vorher niemand sterben. (Abweichende Darstellung in kitschigen Fernsehfilmen möglich.)
Engel sind nicht unsichtbar. Es gab in der Vergangenheit Engelssichtungen. Bezeugt in einigen der wichtigsten Schriften der Welt. Sichtungen sind ja mit Unsichtbarem nicht möglich.
Die Sichtungen wiederum hat es auf der Erde gegeben. Was auf ein zumindest zeitweises Wandeln auf Erden schließen lässt.
Dass Opa wieder zurück kommen soll ist nicht Bestandteil der oben angerissenen Geschichte. Lediglich Wunschdenken einer sensiblen Künstlerseele. Wer jedoch Geschichten unvollendet in die Welt entlässt muss damit leben, dass sie eine eigene Richtung einschlagen.
Du Heide!
Abgesehen davon: Opa ist da. Er ist nicht weg. Das Zurückkommen ist in der Geschichte eindeutig mit eingeschlossen – in dem Sinne, dass er wieder auftaucht, weil er eben nicht eigentlich weg ist.
Eine bewußte Unvollendung, die aber wert legt auf einen konzeptionellen Rahmen, der auch benannt wird, macht das Ganze spannender. Wenn andere sensible Künstler den Rahmen sprengen, indem sie wesentliche Einschränkungen nicht berücksichtigen, machen sie es sich sehr einfach.
Fantasie innerhalb eines Rahmens ist immer sehr viel schwieriger gerade im Hinblick auf ihre Folgerichtigkeit als beliebige Fantasie, die sich an nichts hält.
Ok, ok. Ich sitze gerade wieder bei einem Milchkaffee in der Sonne:
Scrooge-Variante
Opa wollte sich mit einem Sprung in das Bauloch das Leben nehmen. Weil er sich schon lange unbedeutend vorkam. Weil er glaubte, dass sein Leben völlig sinnlos gewesen sei und alle ohne ihn besser dran wären und so weiter und so fort. Weil es das erste tiefe Bauchloch war, dass er mit seinem Asthma fussläufig erreichen konnte.
Schwuppsdiwupps kamen hintereinander drei übertrieben verwahrlost erscheinende Geister vorbei und zeigten ihm aus pädagogischen Gründen die Welt, wie sie ohne ihn wäre. Gewesen wäre, heute wäre und morgen wäre, um genau zu sein und um die hohe Anzahl an spezialisierten Geistern für diesen einen Fall zu erklären.
Damit der Lauf der Welt nicht total durcheinander gerät, mit all dem Ummodeln, dass für eine solche stark visuallisierte Darstellung einer Alternativwelt notwendig wäre, haben die Geister Opa einfach in eine eigens eingerichtete alternative Geistwelt entführt (Wo es zwar Oer-Erkenschwick und Gocht gab, aber weder New-York noch den Strand von Ipanema, weil Opa dort niemals war). Auf CGI hatten die viel beschäftigten, laufend den sich sinnlos erscheinenden Selbstmordkandidaten hinterherhechelnden Geister noch nicht umgestellt.
Nur in den wenigen Sekunden des Geister-sich-abwechselns war Opa sichtbar. In diesen Augenblicken sprach er kurz aber aufgeregt-aufmunternd zu den Kindern.
@Rolf
Du Ungläubiger, du beschimpfst mich als Heiden? Wo Du es doch bist, der die Grundfeste der großartigen abrahamistischen Religionen leichtsinnig durcheinander bringt!
Aber wenigstens sind wir beim ersten echten Religionskrieg auf Endoplast.de angelangt. Das hatte mir auf dieser hübschen Site lange gefehlt. Lass uns das mal weiter auf irgendeine Spitze treiben und sehen, ob wir es zu ersten Morddrohungen oder sogar zu einer der zehn Plagen bringen.
PS: Das Germanistengeschätz kannst Du ruhig lassen. Ich bin kein Interlektueller. Weshalb es mich nicht beeindruckt. Ich vertraue aber aus langjähriger Erfahrung auf meine eignenen Text-Exegesen.
Das war ein Mißverständnis, bzw. ein Flüchtigkeitsfehler beim Schreiben. Ich wollte nicht schreiben „Du Heide!“ sondern „Du Heidi!“, weil dieser Engelkram je eher so ein Mädchen-Thema ist. Von daher kein Religionskrieg auf Endoplast, obwohl, denk mal scharf nach, soweit ich weiß, gab es schon mal einen.
Wir könnten also einen Geschlechterkrieg entfesseln. Allerdings müssten sich dann noch Konny, Jessica oder Surati einklinken, oder der so genannte Barbera Streisand-Effekt, mit seinem leicht transvestitischen Anspruch. (Nicht böse gemeint, BSE!)
Was bedeutet „Exegese“, oh, Du Schriftkundiger, der Du in den abrahaminischen Nachlässen wandelt wie in einem modernen rolltreppenbestückten Einkaufsparadies.
Schade, hätte lieber meinen Religionskrieg.
Geschlechterkrieg hab ich ständig.
Dann meinetwegen einen Religionskrieg. Gerne auch einen anderen. Zum Beispiel einen Richtungskrieg, bei dem es darum geht, welche Art von Krieg wir führen.
Bin weiterhin für Religionskrieg.
Poste doch noch noch mal eine Opa-Geschichte. Ich liege bisher zahlenmässig (und qualitativ) vorn.
Zahlenmäßig ja.
Der Quanten-Opa:
Opa ist Quantenphysiker im Ruhestand. Quantenphysik bildet die Grundlage für all das, was an Science-Fiction-Literatur so umwerfend außergewöhnlich ist. Opa hat sich ein Leben lang im Labor einer großen Universität damit befast. Und er hat bei seinen Foschungen etwas entdeckt, das er niemandem gezeigt oder gesagt hat. Diese Entdeckung hat er mit in den Ruhestand genommen.
Manchmal hat er uns Kindern seltsame Geschichten erzählt, die davon handelten, wie ein Tier in mehreren Dimensionen gelebt hat. Das muß man sich mal vorstellen, ein und dasselbe Tier lebt zugleich in mehreren Welten.
Jetzt muß ich ehrlich sagen: Opa ist doch in das tiefe Loch gefallen. Opa hat auch Alzheimer und irrt durch die Straßen. Er hat auch eine Geliebte. Er ist überfahren worden und er ist tot. Aber er lebt auch. Alles gleichzeitig in verschiedenen Quantenzuständen. Das ist nicht vereinbar mit dem, was uns Frau Bobzimmermann in der Schule beibringt. Aber diese verschiedenen Daseinszustände existieren tatsächlich. Sie finden bereits Anwendung in verschiednen Technologien meist in der Mikroelektronik.
Wir haben einen Quanten-Opa, mit vielen Familien, er ist mal alt und mal jung, mal lebt er, mal stirbt er. Er sagt aber zu uns, dass wir keine Angst haben sollen, dass der Tod etwas anderes sei, als wir denken. Er war ja schon oft weg. Uns kam es immer nur vor wie Sekunden oder Minuten und er hat gesagt, es seien Jahre gewesen. Er war auch schon oft tot, aber immer war er trotzdem wieder da.
Wir Kinder können das alles nicht verstehen. Meine Schwester meint, Opa würde spinnen und sich die Geschichten nur ausdenken. Aber kein Mensch kann sich so etwas ausdenken. Im Nachbarhaus wohnt ein ehemaliger Arbeitskollege von Opa. Er war auch ein Wissenschaftler, ist jetzt aber ein religiöser Fanatiker geworden. Er heißt Manfred Ganswindt.
Angeblich trifft er sich mit Opa manchmal in den Quantenwelten. Sie müssen dafür nicht mit irgendeinem Raumschiff oder einem DeLorean irgendwohin reisen sondern bleiben, wo sie sind und versetzen sich nur in einen anderen Quantenzustand. Dann kommen sie in eine Art Parallelwelt. Opa sagt, dass sein Kollege nur mitkomme, weil er die Leute dort bekehren will. Er hat schon mehrere Religionskriege angezettelt.
Wir haben Opa mal gefragt, ob wir nicht mitkommen können. Er hat gesagt, dass alles geheim ist und dass nur alte Menschen reisen dürfen, die sehr gefestigt sind. Einmal habe ich einen Fehler gemacht und habe Kevin in der Schule etwas davon erzählt, also nicht, dass Opa in den Quantenwelten unterwegs ist, sondern mehr so allgemein, was wäre, wenn amn das tun würde. Kevin hat total gelacht und mich nicht mehr ernst genommen seit dem. Für ihn bin ich jetzt ein Spinner.
Dann habe ich mit Dave gerdet, der sehr gebildet ist und die dicksten Brillengläser hat, die ich kenne. Er sitzt in einem Rollstuhl, wir nennen ihn unseren Steven Hawking. Ich habe mit Dave über die Quantentheorie und die Möglichkeit paralleler Welten geredet. Er hat es mir gut erklärt. Am Ende hat er gesagt, dass eine Familie, deren Opa zwischen den Quantenwelten wandeln würde, niemals sicher sein könnte, das sie die Originalfamilie wäre. Darüber denke ich noch heute nach.
Opa raucht heimlich. Er stieg in das Loch hinab, um sich Feuer geben zu lassen und vergaß die Zeit, als er Zuhörer für seine alte Kriegsgeschichten fand. Die Kinder würden ihn niemals verpetzen.
Opa entdeckt doch tatsächlich Jakob, sein uneheliches Kind, in dem Bauloch. Wie hat er sich gefreut, ihn nach so vielen Jahren wieder zu sehen. Für Jakob war es ein bitteres Wiedersehen. Ungewolltes, uneheliches, unalimentiertes Kind zu sein, hat ihn übellaunig gemacht. Er versuchte, Opa mit erhobener Schaufel davon zu jagen. Aber Opa und die Arbeitskollegen seines Sohnes ließen nicht locker.
So verbrachten sie Stunden mit Reden und Weinen und Aldi-Rotwein. In der Baugrube.
Den Kindern steckte er jedem einen Zehner zu, damit sie ihn nicht an Oma verpetzten, die in genau dieser einen Angelegenheit einen Mangel an Verständnis hatte. Die Kinder hielten still. Vor allem, weil sie sahen, wie emotionsgeladen und durchgeschüttelt Opa war. Das hat sie sehr beeindruckt.
Der sprechende Käfer
Opa hat viele Hobbys. Oft, liest, schreibt oder surft er mit seinem iPad. Schon seit fast 20 Jahren, weil er mehrere Prototypen mit entwickelt hatte, die er fortwährend umbaut.
Und Opa hate ein besonderes Verhältnis zur Natur. Beim Spazierengehen blieb er meist an einem Baum stehen und berührte ihn. Für ihn waren die Bäume die wahren Herren der Natur. Er beobachtet Spinnen, Ameisen, Käfer, wie sie ihr Werk verrichteten. Oma sagt, Opa wäre etwas wunderlich, Mama sagt, Opa wäre in sich gekehrt aber ein sehr aufmerksamer Beobachter.
Es war also nicht verwunderlich, wenn Opa alleine zu Exkursionen aufbrach, in Wald, Feld und Wiese. Oft blieb er dann lange Weg, manches Mal von morgens bis abends. Oma wollte nie mit. Sie hat zu uns mal gesagt: Opa kommt nicht gerne mit zum Einkaufen, weil ihm das zu lange dauert und ich gehe nicht gerne mit, wenn er irgendwelches Getier beobachtet.
Es war aber nicht irgendwelches Getier.
Opa schreibt Bücher, wir nennen sie Fachbücher. Es sind Tagebücher, in denen er alles aufschreibt, was er in der Natur beobachtet hat. Wir haben heimlich darin gelesen, es war aber nicht sehr spannend. Bis wir zufällig auf eine Stelle stießen, wo Opa schrieb, dass er sich mit einem Käfer unterhalten hatte. Wer Opa kennt, für den ist das nicht Besonderes, mit einer Ausnahme: Der Käfer hat geantwortet. Opa schriebt, dass er sich mit dem Käfer unterhalten hat. Der hatte einen stumpf-metallisch wirkenden Panzer in Erdfarben. Man hätte ihn jederzeit übersehen können. Doch der Käfer hat Opa angesprochen.
Im Buch steht, dass Opa schon seit Stunden auf einem großen Stein gesessen hatte. Der Käfer muß ihn beobachtet haben. Für den Käfer war ein Mensch ohne Hektik und ohne Bewegung etwas Besonderes. Die meisten wollten etwas tun, manche setzten sich nieder um zu trinken oder zu schlafen. Opa war, so sagte der Käfer später, der einzige Mensch, der wach und aufmerksam gewesen war, ohne etwas zu tun. So sind sie Freunde geworden. Opa hat den Käfer, dessen Alter er nur schätzen konnte dann noch oft besucht. Bis er ihn schliesslich gefragt hat, ob ber nicht Lust hätte, sich einen Stollen in der Nähe von unserem Haus zu graben. Der Käfer war begeistert. So zog er, ohne dass wir etwas davon wußten, in die Nähe unseres Hauses und legte für sich eine unterirdische Behausung an.
Opa wollte die Freundschaft auf eine andere Ebene hieven. So kam er auf die Idee, das tiefe Loch, dass die Bauarbeiter graben mußten, um einen Abwasserrohrschaden zu beheben, dafür zu nutzen, einen Seitentunnel zu graben, der auf die metertiefe Behausung des Käfers zulief. Es gelang und ab da traf Opa den Käfer in einem unterirdischen Raum. Sie spielten Karten, tranken Rotwein und Tee und unterhielten sich über Geschichten wie „Der Bau“ von Franz Kafka, die der Käfer rezitieren und zuende erzählen konnte, obwohl die Geschichte eigentlich unvollendet war.
Jetzt wußten wir, wo Opa war und wo er sein ganzes Geld ließ – denn der Käfer hatte ein undurchdringliches Pokerface.
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