Es gibt eine ziemlich dumme Angewohnheit: Allem und jedem Namen zu geben. Was keinen Namen hat, existiert nicht. Man gibt Sternen und Sternenbildern Namen, auch physikalische Phänomene, von denen man gar nicht weiß, ob es sie überhaupt gibt, tragen Namen. Irgendwann begann man, Katastrophen schöne Namen zu geben. Damit nahm das Unheil seinen Lauf.
Orkan „Kyrill“ hat 2007 siebenundvierzig Todesopfer gefordert und europaweit erhebliche Sachschäden verursacht. Eine Familie wollte per Namenspatenschaft über das „Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin“ seinem Familien-Vater diesen Namen zum 65. Geburtstag schenken – benannt wurde so unbeabsichtigt eine todbringende Katastrophe.
Alle Achtung, alle Wetter: Orkane und Tsunamis
Andere Orkane hießen keck „Vivian“ oder „Wiebke“ (beide 1990), bodenständig „Anatol“ und „Lothar“ (1999), die adrette „Jeanett“ (2002), solide „Gudrun“ (2005) und „Emma“ (2008) oder sexy „Xynthia“ (2010). Die Namen legen nahe, es handele sich um gute Bekannte, um Freunde oder die Geliebte. Jedenfalls um Menschen, an die man sich gewöhnen kann. Bei Tsunamis gehört es sich wohl nicht so recht, sie mit einem Namen zu versehen. Man muß schon ein paar Jahrtausende zurückgehen, als eine riesige Landmasse abbrach und einen gewaltigen Tsunami auslöste, der Storegga-Ereignis genannt wurde.
Namensgebung mit Tradition als Informations-Postulat
Auch politische Parteien setzen sich Ziele, indem sie Namen schaffen. Die FDP hat ihr Ziel, im Bundestagswahlkampf 2002 die 18% Wählerstimmen zu erreichen, „Projekt 18“ genannt – wieder getreu dem Motto „Was wir nicht benennen, können wir nicht erreichen“. Politische Gegner werden mitunter mit dem Branding Ratte, Schmeißfliege (Franz Joseph Strauß) oder Zecke versehen. Man sieht hierbei: Namen sind nicht Schall und Rauch sondern wichtig für Selbstbild, Marketing oder Verunglimpfung. Schön, wenn aber ein Name, der eigentlich Sinn machen soll, auch mal voll daneben geht.
Namensgebungen für den BP-Event
Denn heute hat sich herausgestellt, dass die Maßnahme die BP (British Petroleum) an der Süd-Ost-Küste von Amerika eingeleitet hat, um die Ölkatrastrophe einzudämmen, nicht funktioniert. Sie trägt den Namen „Top Kill“. Was will BP damit sagen? Dass das die wirkungsvollste Maßnahme ist, um die Welt weiter zu killen? Oder dass die Maßnahme in ihrer Nutzlosigkeit sogar dazu beiträgt, dass die Erde hopps geht? Vielleicht hätte sie die Maßnahme besser „MI“ (Mission Imposible) nennen sollen, oder wie wär’s mit einem Filmtitel wie „Gefährliche Brandung“/„Gefährliches Branding“, „BP attacks!“ oder „Malcolm mitten drin“? Viele Möglichkeiten. Solange Ereignisse wie dieses „Top Kill“ heißen, werden wir das, was da passiert, zumindest nicht für den Normalzustand halten.
One Response to “BP, Miami, die Ölkatastrophe und der falsche Name Top Kill”
[…] Gun. BP hat seine gescheiterte Verstopfungsaktion im Golf von Mexiko „Top Kill“ genannt. Was steckt dahinter? Hier im Video sind „Top Kill“ die geilsten Ballerspiele. […]