Wäre Endoplast die „Bild“-Zeitung, müsste hier stehen: „Jagd auf Obama!“ Tatsächlich ist das rechtspopulistische Hallali-Singen in Amerika heute auf ein ausdrucksstarkes Echo gestoßen. James Cameron, mit „Avatar“ zum zweiten Mal der kommerziell erfolgreichste Regisseur, nannte heute den Fernsehmoderator Glenn Beck ein „verdammtes Arschloch“ – damit hat er ein weiteres Kapitel in der politischen Medien-Schlammschlacht eröffnet.
Die Beschimpfungen Barack Obamas im Fernsehen muten an wie ein sehr schlechter Hollywood-Film. Darin spielen Holywood selbst, Religiösität und Rechtspopulismus eine große Rolle. Aber fangen wir von vorne an: Wir hatten über die so genannten Kreationisten, die die Evolution leugnen, berichtet. Auch darüber, dass Barack Obama sich in seinem Land mit harter politischer Hetze auseinandersetzen muß. Diese Hetze verläuft anders als in Deutschland. Hier gibt es aber auch keinen Ku-Klux-Klan und keine Morde an Ärzten in Abtreibungskliniken. Amerika ist groß, und Bestandteil dieser Größe sind kaum zu überbrückende Gegensätze. Da wird Obama, der guten Willens das Gesundheitswesen reformieren will, vorgeworfen, er wolle auf der Grundlage von Faschismus und/oder Kommunismus – doppelt hält besser – eine Diktatur errichten. In Amerika wird das Gerücht aus Kreisen seiner politischen Gegner kolpotiert, Hitler habe die Krankenversicherung in Deutschland eingeführt, im Umkehrschluß müsse demnach ein amerikanischer Präsident, der das tut, also ein Faschist sein.
Fernsehsender Fox als Sprachrohr der politischen Rechten
Diese Anwürfe kommen von der politischen Rechten, deren mediales Sprachrohr vor allem der Fernsehsender „Fox“ ist. Das war seit dem Vorwahlkampf zur amerikanischen Präsidentschaft so und geht immer weiter. „Politisch rechts“ meint aber nicht die Republikaner sondern im Kern die so genannte „Tea Party“-Bewegung, denen die Republikaner nicht weit genug rechts sind. Erfolgreichster Vertreter dieser Gruppierung in den Medien ist Glenn Beck, ein „Fox“-Moderator, der sich wie ein Hassprediger geriert und den amerikanischen Präsidenten, seine Politik aber auch Filme wie „Avatar“ geisselt – als vermeintliche Ausdrucksformen sozialistisch-kommunistischen Gedankengutes. Glenn Beck ist inzwischen der erfolgreichste Fernsehmoderator Amerikas und wird von der Ultrarechten als politische Gallionsfigur gehandelt. Das bringt dem Moderator und „Fox“ viel Geld und dem amerikanischen Präsidenten viel Ungemach.
Österreichs Jörg Haider und der Irak-Krieg
Die Vorgänge erinnern entfernt an den Einmarsch der US-Truppen in Iraks Hauptstadt Bagdad: Man hatte sich auf ein Feuergefecht eingestellt, doch die Stadt war zunächst friedlich. Seitdem gabt es täglich zermürbende Selbstmordattetate und einen permanenten Guerillakrieg. Als Obama zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden war, konnte man es analog dazu kaum fassen: Ein liberaler noch dazu farbiger Präsident war gewählt worden und ins Amt gekommen. Seitdem toben die medial-politischen Grabenkämpfe. Es ist ein erbitterter Kampf um die politische Meinungsführerschaft entbrannt. Anstatt sachlicher Auseinandersetzung sind Hetze und Demagogie getreten, die als verbale Bomben einschlagen. Dies erinnert auch an die Hass-Tiraden von Österreichs FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider, der politisch inszeniert gegen die Autorin und spätere Literatur-Nobelpreisträgerin Elfride Jelinek oder gegen Thomas Bernhard gehetzt hatte – auch, um zu polarisieren und sich Geltung in den Medien zu verschaffen.
Ein Gedankengebäude wackelt
Es geht um ein ganzes Weltbild. Da passt nicht die Evolution hinein, nicht die Erderwärmung, die ebenso stoisch geleugnet wird, und auch nicht ein Film wie „Avatar“, der zwar reinste Unterhaltung ist, dabei aber ein hässliches Militär und einen ausbeuterischen Kapitalismus zeigt. Ein leitmotivisches Thema übrigens, das sich durch viele Science Fiction-Filme zieht, zum Beispiel auch durch die „Alien“-Film-Reihe, deren zweiten Teil Cameron gedreht hatte.
Nur möglich in Amerika: Der Unterhaltungs-Film „Avatar“ wird zum Politikum
Hollywood gilt rechten Politikern seit jeher als Links-Herberge. Auch hier ein großes Spannungsfeld zwischen dem heutigen Hollywood und der McCarthy-Ära, in der gerade die Filmstadt von rechten politischen Kräften zum Spitzelsystem umgebaut worden war. Bei „Avatar“ spielt zudem eine Rolle, dass es um die hinterlistige Ausbeutung von Ureinwohnern geht, die Bezüge zur indianischen Vergangenheit des Kontinents herstellt aber auch zu aktuellen Ereignissen wie dem Irak-Krieg. Den USA werden seit jeher sowohl im Irak als auch in Afghanistan massive monetäre Interessen vorgehalten. Ein Film, der das in unterhaltender Verpackung thematisiert und dabei so über die Maßen erfolgreich ist, wirkt wie ein Stachel im Fleisch der politischen Rechten.
Regisseur James Cameron platzt der Kragen
James Cameron, der vor dem Hintergrund einer libertären Utopie der 60er Jahre aufgewachsen ist, äußerte sich heute ausführlich zu den Beschuldigungen, die er bisher unkommentiert gelassen hatte. Ihm ist wohl der Kragen geplatzt, als er Glenn Beck, der ihn schon mal mit dem „Anti-Christen“ gleichgesetzt hatte, anlässlich einer Pressekonferenz als „verdammtes Arschloch“ bezeichnete. Becks Ideen seien „gefährlich“ und Cameron zog in Zweifel, ob Beck „Avatar“ überhaupt gesehen habe. Der Rechten warf er „Angst und Hass“ als Ursachen ihrer permanenten Propaganda vor. Insbesondere regte er sich über die Leugnung der Erderwärmung auf. Moderatoren wie Glenn Beck ziehen die nämlich zum Beispiel mit lapidaren Bezügen zum verschneiten Wetter in Zweifel. Dennoch ist Präsident Barack Obama im Zwiespalt: Erst hatte er den Fernsehsender Fox gemieden, kann aber inzwischen nicht anders, als wieder Interviews zu geben, weil die Meinungsführerschaft des Senders zu dominant ist. Medienmacht zählt.