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Michel Friedman und die hohe Kunst des Nachbohr-Interviews

Moderator und Interviewer Michel Friedman ist gnadenlos, wenn es darum geht, die Wahrheit herauszuarbeiten.

Michel Friedman, Rechtsanwalt, Politiker und seit 2004 wieder Interviewer auf N24, ist einer der spitzzüngigsten Plauderpartner, den das deutsche Fernsehen kennt. Er ist manchmal etwas selbstverliebt und viele seiner Ansichten teile ich nicht. Es ist auch nicht immer schön, wie er seine rhethorischen Mittel einsetzt. Aber: Ohne ihn wäre das politische Interview um gleich eine ganze Dimension ärmer.

Bei Friedman merkt man sofort, dass der Satz „Wer beim Fernsehen ist, muß eitel sein“ stimmt. Er ist bekannt dafür, das letzte Wort zu behalten. Was hat der Zuschauer davon? Er erhält Antworten auf Sachfragen, die er sonst von Politikern woanders kaum bekommt – und kann sich so ein besseres Bild machen.

Verbale Flucht der Politiker vor den Friedmann-Fragen
Manchmal lehne ich mich entspannt zurück und sehe mir ein Friedman-Interview an, in dem er stets beharrlich dem Thema auf den Grund geht. Er macht das gut vorbereitet aber ohne Schnick-Schnack. Er hat sein Thema und seine Fragen, die er den Politikern, die fast immer verbal flüchten wollen, ohne Gnade stellt. Dabei scheint es ihm nur um eines zu gehen: Die Wahrheit hinter den Behauptungen. Wenn ein Politiker in BlaBla verfällt, unterbricht er sofort – die hohe Schule der Themenzentrierung.

Friedmann auf N24
Schön zu sehen, dass eine Auseinandersetzung, die sich um Sachlagen dreht, so spannend und unterhaltsam sein kann. Es liegt eben am Interviewer. Wer mehr sehen will, kann sich auf N24 noch viele andere Sendungen im Archiv ansehen. Nachfolgend ein Gespräch mit Wolfgang Schäuble.

Das Intro
Friedmann redet leise, hält sich ganz am Anfang noch zurück. Man merkt, dass beide sich zusammenreißen, um nicht zu sehr aneinanderzugeraten. Beide sind Mitglied der CDU. Friedman war im übrigen auch Mitglied im Bundesvorstand der CDU, aus dem er im Bösen ausgeschieden war.

Der Mittelteil
Thema Zweiklassengesellschaft: Schäuble gerät immer mehr in die Defensive, versucht durch Metakommunikation und Drohungen das Standing von Friedmann einzudämmen. Es gelingt aber nicht. Dann spielt er seine Erfahrung aus, versucht Ruhe in das Gespräch zu bringen. Friedman stört aber weiter den Redefluß.

Der Schlußteil
Thema Afghanistan-„Krieg“ oder -„Kampfeinsatz“ der Bundeswehr: Friedmann läßt nicht locker, Schäuble versucht zu kontern, wirft Friedmann vor, er sei süchtig nach dem Wort „Krieg“, will ihm Wortklauberei unterstellen. Friedmann daraufhin: „Ich bin süchtig nach der Wahrhaftigkeit der Worte für die Tatbestände.“

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