So könnte der Schizoid-Mann des 21 Jahrhunderts aussehen: King Crimson ist von den 60ern bis heute eine der stilbildendsten Bands der Art-Rock-Geschichte.Oben: So könnte der Schizoid-Mann des 21 Jahrhunderts aussehen: King Crimson ist von den 60ern bis heute eine der stilbildendsten Bands der Art-Rock-Geschichte.

Die Band „King Crimson“, die mit ihrem Album „Discipline“ in unserer 80er-Hitparade und deren Mastermind Robert Fripp mit seinem Soloalbum „Exposure“, das aber eher als Kooperationsalbum gelten kann, in unserer 70er-Jahre-Alben-Hitparade vertreten ist, hat eine seltsame Bandgeschichte.

Die 1969 gegründete Band wird nämlich seit ihrem Bestehen permanent aufgelöst und mit völlig neuen Musikern wieder zusammengestellt. Einziges durchgängig vorhandenes Bandmitglied ist Robert Fripp. Er selbst will nicht als „Bandleader“ bezeichnet werden. Man könnte ihn aber als Moderator verstehen, der das beste aus den Musikern herauskitzelt oder als Katalysator, der etwas in Gang setzt. Fripp stellt seine Progressiv-Rockband-Formationen seit nunmehr 40 Jahren aus Spitzenmusikern zusammen.

Flower-Power-Musik

Zu Jazzigem und zur Klassik gesellten sich schließlich verschiedene Spielarten des Rock hinzu – bis hin zu Hardrock oder New Wave. Es gibt wohl keine andere Band die eine ähnliche stilistische Bandbreite aufweist wie King Crimson. Manche Musiker wurden wesentlich für die Rockmusik, zum Beispiel der Drummer Bill Bruford oder der Bassist Tony Levin. Greg Lake hatte den größeren kommerziellen Erfolg mit „Emerson, Lake und Palmer“. Schließlich ist vor allem Adrian Belew zu nennen, der der aktuellen Formation angehört. Mit ihm war „King Crimson“ in eine zeitgemäßere Phase eingetreten und hatte mit „Discipline“ ihr bestes Album eingespielt – und das nach 12 Jahren als achtes Album nach der Gründung.

Art-Rock und Progressiv-Rock

„King Crimson“ ist eine der wenigen so genannten großen klassischen Art-Rock-Bands, zu denen noch die damaligen „Genesis“ (mit Peter Gabriel), „Van der Graaf Generator“, „Yes“ und „Emerson, Lake and Palmer“ gehörten. Mit dem Song „21st Century Schizoid Man“ schrieb sich die Band in die Alltime-Rockgeschichte ein. Das Lied existiert unter anderem in vier Live-Versionen mit unterschiedlichen Sängern, darunter auch Adrian Belew auf dem Album „Vrooom Vrooom“.

Adrian Belew als neuer Kreativ-Kopf

Andrew Belew, der Gitarrist und Sänger, wirkte bereits Ende der 70er Jahre prägend auf die aktuelle Rockmusik, sowohl durch seine Art zu singen als auch durch sein Gitarrenspiel. Er arbeitete z.B. mit an „Lodger“, David Bowies Folgeplatte nach „Heroes“ und bei den „Talking Heads“, die damals als innovativste Band galten, heute vergleichbar vielleicht mit der Anerkennung, die „Radiohead“ genießt. Vorher war Belew ein viel beschäftigter Studiomusiker gewesen und heute noch gilt er – auch mit seinen extravaganten Soloplatten – als Innovator. Belew und Fripp formten bei „King Crimson“ einen neuen, kraftstrotzenden Sound.

Robert Fripp mit großer Wirkung

Neben den Arbeiten für „King Crimson“ oder als Solokünstler ist auch Robert Fripp ein gesuchter Studiomusiker gewesen, dem man nachsagt, alles, was denkbar ist, auf seiner Gitarre spielen zu können. Wobei sein Hang zur Kooperation, zur musikalischen Verschmelzung mit dem jeweiligen kreativen Sparringspartner auffällt. Fripp ist kein Show-Man – meist sitzt er konzentriert und kontemplativ auf der Bühne still an der Seite und überläßt Leuten wie Adrian Belew oder früheren Sängern wie Greg Lake oder John Wetton die Aufmerksamkeit.

Technik, die nicht immer begeistert

Fripp neigt aber manchmal zum Manierismus. Manche Soloplatten – wie das hier schon erwähnte „Under heavy Manners“ – sind wenig spannend und zu technoid. Beeinflußt sein mag das durch die Ambient-Projekte mit Brian Eno und begünstigt durch seine technische Erfindung „Frippertonics“, mittels derer er Klangstrukturteppiche mit der Gitarre erzeugen kann. (Ein bißchen erinnert mich das die Gizmo-Technologie von Godley & Creme). Da, wo ein überrragender Künstler zum Techniker wird, wird es manchmal eintönig – sofern er sich zu sehr auf diese Technik kapriziert. Das ist bei Fripp teils der Fall gewesen.

Der stete Wandel erhöht die Spannung

Auch die „King Crimson“-Alben sind zwar immer musikalisch auf höchstem Niveau eingespielt aber als Gesamtwerk oft nicht vollständig gelungen. So konnten die beiden Nachfolgealben von „Discipline“ – „Beat“ von 1982 und „Three of a Perfect Pair” von 1984 – nicht an den Vorgänger heranreichen und waren lediglich ein Aufguß des Konzeptes. Aber schön, dass es immer mal wieder einen personellen Wechsel gibt. So bleibt das Projekt „King Crimson“ frisch. Eine Herangehensweise, die sich viele Bands, die sonst zu sehr in Eigen-Paraphrasierungen und Klischees stecken bleiben würden, zunutze machen sollten.


Oben: „King-Crimson“-Kopf Robert Fripp mit seiner Frau Toyah Wilcox in einer Quizshow.