Michael Jackson ist gestern vor einem Monat gestorben. Die Ursache seines Todes ist erst heute öffentlich gemacht worden: Er starb unter Einfluß eines Narkosemittels an einem Medikamentenmix. Eine Andacht:
Künstler wie David Bowie oder Michael Jackson haben öffentlich vorgemacht, weit es ist, in andere Rollen zu schlüpfen, sich in einen anderen zu verwandeln. Michael Jackson hat sogar vorgelebt, wie es ist, jemand anders zu sein. Die Zuschauer waren fasziniert von ihm, der so öffentlich seine Flucht vor sich selbst zelebriert hat.
Er hat eine Symbolwelt geschaffen, in die er eingetaucht ist, in der er gelebt hat. Als lebende Metapher. Das ist traurig, es ist aber auch Kunst. Es ist die Erschaffung der (virtuellen) Welt seiner Kindheit, die so nie stattgefunden hat, weil er immer auf der Bühne stand. Eine Welt, in der er Uniformen trägt, in der seine Kinder Prinzen sind.
Er ist in immer neue Verkleidungen geschlüpft, er hat in fernen neuen Welten gelebt. Er war unrealistisch, wie ein Künstler es sein muß. Er hat seinem Publikum gezeigt: „Ich bin der Großmeister der Flucht. Betet mich an. Ich mache es stellvertretend für euch.“ Deswegen konnte man messianische Züge bei ihm nicht verleugnen.
Wer verdrängt, hat ein großes, ein starkes Bedürfnis danach, unbewußt das, was man wirklich ist, aufzuarbeiten. Dabei ist er in seiner Sublimation trotz seiner Verortung in der Unterhaltungsbranche ein großer Künstler geworden.
Alle Fotos und Bilder, die hier exklusiv veröffentlicht werden, können als Poster, auf T-Shirts, oder als Ausdrucke (auch in Großformaten) über uns bezogen werden. Wer Interesse hat, schreibt uns einen Kommentar, später veröffentlichen wir dazu eine E-Mail-Bestelladresse.
5 Responses to “26. August: Der Tod einer lebendigen Metapher”
Den Satz „Er war unrealistisch wie ein Künstler es sein muss.“ verstehe ich nicht. Wie definierst du denn Künstler und warum muss ein Künstler unrealistisch sein?
Und die Kausalität zwischen den letzten beiden Sätzen verstehe ich gleich gar nicht. Gibts da eine?
Es gibt eine Theorie, dass der eine Voraussetzung erfüllt, Künstler zu sein, wenn er einen großen Leidensdruck aushalten muß. Dieses Leiden kompensiert er, indem er Kunst schafft.
Eine andere weit verbreitete Ansicht ist, dass der Künstler der Gesellschaft nur dann den Spiegel vorhalten bzw. auf sie einwirken kann, wenn er außerhalb der Gesellschaft steht.
Damit meinte ich: Ein Künstler muß leidenschaftlich, muß größenwahnsinnig sein – nur dann schafft er Großartiges. Allerdings zahlt er einen Preis dafür. Wer größenwahnsinnig ist, ist natürlich unrealistisch.
Das ist ja jetzt schon der Fall. Vor seinem Tod war er ja eigentlich persona non grata. Man hat an den Vorverkäufen zu seinem Konzert zwar gesehen, dass die Leute seine Musik und seine Performance gut finden. In der Öffentlichkeit jedoch, in den Medien, war er abgeschrieben. Ein Freak, „Wacko Jacko“, ein Verrückter.
Schon ein paar Stunden nach Verkündung seines Todes hat sich alles ins Gegenteil verkehrt, es war er nicht mehr verrückt sondern eine tragische Gestalt.
Seine ganze Potenz als Künstler, all das, was er repräsentiert hat, war schon seit vielen Jahren zugedeckt unter Images, unter medialem Gewäsch. Es ging immer weniger um Musik und immer mehr um den Symbolgehalt der Figur „Michael Jackson“, nach dem Motto „Ist er ein Prinz oder ein Monster?“, ist er „gut oder böse?“
MJ war ein Unterhaltungssoldat, ein Leben lang gedrillt.
[…] in ihrem Kitsch dann aber schon wieder jenseits von Gut und Böse waren. Ab den 1980er-Jahren schuf Michael Jackson nicht nur eine neue Musik, nein, Mode, Haarschnitt und äußeres Erscheinungsbild erhielten als […]