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Web-Literatur und Mitmach-Geschichte: Rekonstruktion der Katastrophe, Vorgang AZ 1203171972 (Teil 2)

Das ist falsch ausgesteuert. Hier. [Frauenstimme: Soll ich Dich alleine lassen?] Ja. Danke. So, wo war ich? Der Mann, Herr E(gelöscht), nähert sich der Pensionsgrenze. Viele waren der Meinung, er ist nicht mehr bei der Sache. Wenn man mit ihm redet, ist es, als würde er durch einen hindurchgucken oder an einem vorbei.

Wie auch immer. Habe zuerst gedacht, das wäre eine Intrige, die übliche Intrige. Aber als ich ihn  kennengelernt habe, soviel Macht in solchen Händen. Herr E(gelöscht) kennt ja Hinz und Kunz. Bis ganz nach oben in der Politik. Der war mit Frau M(gelöscht) sogar Essen. Ich sag ja: Ein Politikum.

Wenn er nicht im Büro war, bin ich immer mehr dazu übergegangen zu stöbern. Dieser Kalender. Die ersten Seiten noch viele Termine, alles akkurat, dann erste Männchen, so gekritzelte Zeichnungen. Dann ging es weiter. Immer mehr Zeichnungen, Monsterzeichnungen, anders kann ich es nicht sagen, immer weniger Termine. Am Ende gar keine Termine mehr. Meiner Meinung nach wirres Gekritzel in einer fremden Sprache, vielleicht Latein oder Italienisch. Die Zeichnungen haben mir Angst gemachzt. Warum kritzelt der rum, was macht der den ganzen Tag?

Herr E(gelöscht) ist ein Entscheidungsträger. Er muß Knöpfe drücken sozusagen. Der kann sich da nicht rausziehen aber vielleicht kann er nicht anders. Es gab eine Geschichte, da wurde gesagt, es müßten Verträge gemacht werden, die sind von der Rechtsabteilung zu gestalten, das geht nicht von heute auf morgen. Das sind Verträge, die die nächsten zwei Jahrzehnte betreffen. Es geht um Planungssicherheit. Da gibt es zahlreiche Meetings mit Experten von überall auf der Welt her. Es wurde gesagt, Herr E(gelöscht) habe meistens still dagesessen und zugehört. Herr A(gelöscht) habe Witze gerissen, die ganze Zeit, Herr H(gelöscht) soll viel mitgescherzt haben. Aber es ging da z.B. um die Endlagerung, um Genehmigungen. Man hatte auch hohe politische Wogen zu glätten, wegen dem Wahlkampf auch.

Herr E(gelöscht) jedenfalls, den man als ausgemachten Experten in der Sache ansah, saß lange nur da und schien abzuwarten, wie sich die Diskussion entwickeln würde. W(gelöscht), ein guter Bekannter von mir, hat mir danach gesteckt, dass alle, zu vorderst A(gelöscht) und H(gelöscht) einen Kurs festlegten, der auf größtmögliche Sicherheit abzielt, nicht der preiswerteste Weg. Man hätte annehmen können E(gelöscht) würde mitziehen, weil das ja sein Credo war, immer: Höchste Sicherheitsvorkehrungen, sonst drehen die uns den Hahn zu.

Doch jetzt war er plötzlich wie verwandelt. Er hat sich vor Herrn A(gelöscht) gestellt, ihn angeblich am Arm gehalten und hat nicht mehr aufgehört , vorzurechnen, was das alles kostet. Werner hatte mir gesagt, der habe wirklich die ganze Zeit der Vorträge nur gekritzelt und überhaupt nicht zugehört. Angeblich hätte er ein Grinsen, sogar ein teuflisches Grinsen, aufgesetzt, während er geredet hat. Wenn mich jemand fragen würde, also, wie Jack Nicholson in Shining. Ich will das jetzt nicht ins Lächerliche ziehen. Aber das ist doch die Vorgeschichte, das war doch der Ausgangspunkt. All die Menschenleben, zum Fürchten ist das. Es hing an ihm, an E(gelöscht). Alle die da waren, sehen das so. Er hat solange und wohl auch unverrückbar und brilliant argumentiert, bis gesagt wurde: Unterste Qualität in der Ausführung und maximale Kosteneinsparung. E(gelöscht) hat direkt danach, als er gesehen hatte, dass er alle in der Tasche hatte, damit begonnen, mündlich ein Konzept zu improvisieren, bei dem die mangelnde Sicherheitstechnik zu einem überproportionalen RIO [Return on Investment] führen werde, dass es dann, später, erlauben würde, ganz andere Endlagerszenarien zu denken, zu finanzieren und zu realisieren.

Jemand soll ihm, ohne dass das in dem Gespräch Konsequenzen gehabt hätte, vorgehalten haben, das sei ein Kuckuks-Ei. Ja, das war es wohl. Schon einen Tag später sollte sich das ja Herausstellen. A(gelöscht) soll nach dem allen gesagt haben E(gelöscht) sei ein „Arschloch“. Ich kann nur sagen: Wenn er das nur wäre! Das allein… Er hat diese Monster gemalt, man könnte ihn ja auch für verrückt halten. Wer, bitteschön, kennt einen hochrangigen Manager, der den ganzen Tag damit zubringt, seltsame Dinge zu skizzieren, zu kritzeln, zu zeichnen und sie sogar mit Buntstiften bunt zu machen. Die Vorgeschichte war so und dieses Boshafte führte zu den einzelnen Ereignissen, die ja bestens bekannt sind und mündeten in die Katastrophe. Das ist für mich der Zusammenhang. [Ende des ersten Protokolls]. Fortsetzung folgt.

Wie könnte die Geschichte weitergehen? Wer Lust hat, bitte in den Kommentaren weiterschreiben.

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