„David“ das ist in diesem Fall tatsächlich einer, der David heißt: David Schraven, Journalist und Blogger bei Deutschlands größtem Regionalblog „Ruhrbarone“. Nachdem Silvana Koch-Mehrin einen Disput mit ihm und den Ruhrbaronen hatte, weil er über ihre mangelnde Anwesenheit im europäischen Parlament berichtet hatte, ging es mit Hannelore Kraft von der SPD in die nächste Runde.
Es drohten anstatt sachlicher Auseinandersetzung auch erst wieder die Rechtsanwälte. Doch die Welt des Bloggens ist eine runde Sache: Will man an einer Stelle jemandem den Mund verbieten, tönt es an anderer Stelle doppelt so laut.
Hannelore Kraft und ihr redigierter Lebenslauf
Stein des Anstoßes war, dass Kraft die langjährige berufliche Zugehörigkeit zur Firma Zenit GmbH, die in einen Skandal um Fördermittel verwickelt gewesen war, aus ihrem Lebenslauf im Internet getilgt hatte. Ansich keine große Sache und unter dem Blickwinkel des Wahlkampfes unter Umständen erklärbar – wenn auch u.U. nicht sehr ehrlich. Doch man wird doch drüber schreiben dürfen, dass das so geschehen ist.
Politik contra Journalismus
Politiker jedoch ticken anders: Ein Journalist ist für Kraft offenbar grundsätzlich kein objektiver Berichterstatter sondern ein Agitator und Angreifer.
Die Wahrheit tut oft weh
Will der Journalist aber die Wahrheit ans Licht bringen, muss er die Sachlage schildern dürfen. Die Wahrheit ist hart und tut weh, speziell im Wahlkampf. Dass Parteien nicht die sachliche Auseinandersetzung suchen und Argumente sprechen lassen, scheint sich dummerweise parteienübergreifend eingeschlichen zu haben: Als die Ruhrbarone die Grünen kritisiert hatten, dass die freien Bloggern für deren Berichterstattung Hotelzimmer und Anreise bezahlen, sahen sie sich unsachlichen Anfeindungen gegenüber.
Dünnhäutige Politiker gegen freie Berichterstattung
Kritische Berichterstattung wird von Parteien in diesem Zusammenhang immer als Angriff gegen die Partei verstanden. Es wird Einflußnahme anderer Parteien gegen die eigene vermutet und unterstellt. Sind die etablierten Parteien nicht mehr kritikfähig? Findet die Auseinandersetzung mit Kritik nur noch über Rechtsanwälte statt? Es spricht auch in einem viel größeren Zusammenhang Bände über den Zustand der politischen Kultur, wenn Entscheidungen, die die Politik herbeiführen müßte, immer öfter beim Bundesverfassungsgericht landen.
Blogger als meinungsbildende Kraft
Jedenfalls sind Blogger offensichtlich eine verlässliche Bastion der Demokratie: Ihre Meinung läßt sich nicht unterdrücken – im Gegenteil. Mit der Höhe des Drucks, der in solchen Fällen erzeugt wird, steigt der Widerstand in der Blogerszene, die in der Mediengesellschaft aufgrund dieser Authentizität zusehends an Einfluß auf die Meinungsbildung gewinnt. Gut so.
3 Responses to “David gegen Goliath: Hannelore Kraft und die Ruhrbarone”
„Jedenfalls sind Blogger offensichtlich eine verlässliche Bastion der Demokratie: Ihre Meinung läßt sich nicht unterdrücken.“
also ganz so unkritisch darf man als blogger aber auch „die blogger-szene“ nicht darstellen. denn zum einen – gibt es „die blogger-szene“ überhaupt? Und wenn ja – dann ist sie sicherlich nicht ganz so homogen. In den USA zum beispiel sieht sie ganz anders aus, als hier, und da gibt es blogs, die verstehen sich ganz und gar nicht als bollwerk der demokratie. zum anderen ist heutzutage ja alles blog, was ohne volontariat im internet erscheint. da gibt es unternehmensblogs, und pr-blogs, die sich auch wenig dem ziel der meinungsvielfalt unterwerfen, sondern eher der manipulation. nun kann man sagen, das sei kein blog, aber wo zieht man da die grenze? was wäre dann ein richtiger blog?
und dann gibt es ja auch noch das kleine problem, dass sich erfolgreiche blogger auch gerne mal untereinander „dissen“ – auch nicht so ganz die feine englische, wennste mich fragst.
Ich meinte die nicht-kommerziellen Blogger.
Du hast Recht, dass es Blogs wie Sand am Meer gibt und auch viele Kommerzielle auf den Zug springen wollen. Was in Deutschland passiert ist: Es gibt eine kritische ganz gut vernetzte Bloggerszene, die Gegenöffentlichkeit herstellt. Ob sich diese Blogs explizit als Bollwerk der Demokratie verstehen, bezweifele ich auch, da hast Du Recht. Aber sie wirken auf die Gesellschaft trotzdem demokratisch ein, ob sie wollen oder nicht. Es ist ein Netzwerk vieler kleiner Blogs, die für sich genommen von ihrer Reichweite her eher unbedeutend sind, insgesamt genommen aber Öffentlichkeit herstellen können.
Der Fall der Ruhrbarone hat letztlich Artikel in Welt, Süddeutscher und verschiedene Fernsehsendungen nach sich gezogen, in denen die Ruhrbarone auch erwähnt wurden.
Dass Dissen ist stillos, manchmal aber im Sinne einer höheren Gerechtigkeit begrüßenswert. Über die Art und Weise, wie etwas geschieht, kann man natürlich streiten. Die jüngsten Geschichten in der Bloggerszene haben aber gezeigt, dass der Kommerzialisierung Einhalt geboten werden soll. Finde ich als Ziel äußerst begrüßenswert.
Ich habe im Artikel und auch in diesem Kommentar jetzt ziemlich viel verkürzt dargestellt. Das Medium Blog ist wie jedes Medium gleich gut oder schlecht. Im Moment ist es aber so, dass es neben vielen politisch verwerflichen Blogs ein Übergewicht an Blogs gibt, die auf eine neue additive Art mediale Breitenwirkung herstellen. Das gibt Hoffnung.
hallo ralf, danke für deinen zügigen kommentar. im grunde sind wir uns vermutlich einig, und ich bin froh, dass du mich nicht „disst“. :-) trotzdem muss ich dir noch einmal contra geben, denn ich befürchte, die – ich nenn sie mal – gesteuerten blogs (damit meine ich blogs, die geschaffen wurde, um ein produkt oder eine bestimmte sichtweise zu pushen, ob bezahlt oder nicht) mittlerweile in der überzahl sind. eher ein grund zur traurigkeit, statt zur hoffnung. andererseits zeigt es aber auch, dass, genau wie du sagst, blogs eine nicht zu unterschätzende wirkung haben. ansonsten würden sich damen wie frau kraft ja nicht so sehr vor ihnen fürchten, und wäre das medium reichweitenarm, würden sich auch die ganzen lobbyisten nicht seiner bedienen.
deine blog finde ich übrigens super. weiter so! und lass dich nicht kaufen, alter!