In diesen Tagen, Wochen und Monaten erhält der Begriff des „Verteidigungs-Ministers“ eine wichtige Umdeutung: Der Verteidigungsminister verteidigt nicht mehr die Bundesrepublik Deutschland sondern immer mehr sich selbst. Das ist der Nachteil der Skandale: Das Wichtige bleibt zuweilen auf der Strecke.
Aber was ist eigentlich das Wichtige? Das Wichtige ist zum Beispiel, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg das Image eines echten Kerls hat. Man sieht ihn auf Fotos als Tarnkappenminister in gefleckter Kleidung oder mit hochgekrempelten Ärmeln im Kreise seiner Soldaten. Man sieht ihn in Afghanistan auch mit seinem Ohrgefreiten Johannes B. Kerner, der bereit steht, die baronesken Äußerungen des Adligen an Volkes Ohr zu bringen. Man sieht ihn am Broadway in Siegerpose, obwohl er dort gar nichts erreicht hat aber zumindest einfach gut aussieht und damit den Anschein einer Art Seriösität erweckt, in deren Schatten Problemlösungen möglich erscheinen.
Politik: Eine Frage der Figur
Manchmal denkt man, so eine hervorragende Figur kann doch ein einzelner deutscher Politiker gar nicht allein machen. In anderen Ländern ist das Volk Helden, die echte Männer sind, gewohnt: Berlusconi in Italien, der sich in der Tradition wegbereitender Könige einen eigenen Privatsänger hält, der ihn aufheitern soll, wenn er mal schlecht drauf ist, oder Sarkozy in Frankreich, der keine Umwege bezüglich erreichbarer Fettnäpfe scheut und deshalb sofort ein Model geheiratet hat, das Egozentrik eine neue Dimension hinzufügt. In Deutschland nun haben wir Karl-Theodor zu Guttenberg, den einzigen Politiker, der über Ausklapp-Poster-Qualitäten verfügt. Es ging das Gerücht, man würde Pappversionen von zu Guttenberg einfach weltweit vor alle Sehenswürdigkeiten stellen und Fotografieren. Kleiner Aufwand, großer Effekt. Und der Bürger muß nicht mehr darüber meckern, dass ein Minister den Flugbereitschaftsdienst der Bundeswehr übergebührlich in Anspruch nimmt, nachdem schon der wissenschaftliche Dienst des Bundestages für die Doktorarbeit zu Guttenbergs gebeutelt wurde und damit der adelssüchtige Steuerzahler auch noch die Doktorarbeit Karl-Theodor zu Guttenbergs subventioniert hat.
Karl-Theodor zu Guttenberg, der wehrhafte Minister
Was man noch nicht sehen konnte, ist, ob Karl-Theodor zu Guttenberg, der Soldat, scharf schießt. Man hat aber schon gehört, dass er es tut. Doch, oh Unglück, zeitgleich zur wissenschaftlich unkorrekten Doktorarbeit, die der SPD zur Steilvorlage im Permanent-Wahlkampf gereicht, taucht eine entlarvende Waffe auf. Endoplast hat sie entdeckt und konnte sie fotografisch abbilden: Sieht so die Waffe von Karl-Theodor zu Guttenberg tatsächlich aus? Hätte er im Ernstfall sich, seine Frau, ihren Schminkkoffer, seine Medienberater und Hair-Stylisten sowie das Filmmaterial von Johannes B. Kerner und natürlich auch unter Umständen den Moderator selbst verteidigt? Und würde er damit den Begriff des „Verteidigungsminister“ ein weiteres Mal umdeuten, indem er nicht nur sich sondern auch involvierte Medienschaffende verteidigt? Sollte sich jedoch herausstellen, dass die sechs Styropor-Pfeile gar nicht zur Verteidigung taugen, müßte ein weiterer Ausschuß einberufen werden, weil dieser Skandal extra ginge.
Zentrale Politik-Begriffe 1: Das potemkinsche Dorf
Man erinnert sich auch an andere Begriffe: Den der potemkinschen Dörfer beispielsweise. Feldmarschall Grigori Potjomkin, nebenbei gesagt auch ein Adliger, hatte, so wird überliefert, im 18. Jahrhundert, nachdem die Krim frisch erobert worden war, bemalte Kulissen aufstellen lassen, um Katharina II. bei ihrem Besuch mit der Besiedlung des kargen Landstrichs zu beeindrucken. Ähnliches Dorfverhalten sagt man zum Beispiel auch dem bayrischen Ex-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nach. Es wird kolportiert, Stoiber, manches Mal ein notorischer Anti-Biertrinker, habe sich anläßlich seiner Oktoberfest-Besuche anstelle von Bier aufgeschäumte Limonade servieren lassen, um doch den Schein zu wahren und dem Wahlvolk nicht absonderlich zu erscheinen.
Zentrale Politik-Begriffe 2: Die Kirche im Dorf lassen
Die Kirche im Dorf zu lassen ist immer ok. Obwohl das das Gegenteil von Selbstdarstellung bedeuten würde. Wenn das Dorf aber ein potemkinsches ist, ist immer Vorsicht geboten. Karl-Theodor zu Guttenberg bekommt das im Augenblick zu spüren. Er hat es jetzt mit echten Widersachern zu tun, bei denen keine Spielzeugpistole mehr hilft, auch wenn sie sich vor laufenden Kameras zweifelsfrei gut machen würde, etwa als witzige Requiste in einer Kerner-Show. In Anlehnung an den Titel des Buches „Es kommt nicht darauf an, wer Du bist, sondern wer Du sein willst“ von Werbeguru Paul Arden lautet die Antwort auf die in der Überschrift aufgeworfene Fragestellung: Es kommt nicht darauf an, ob etwas echt ist, es kommt nur darauf an, dass der Wähler es für echt hält.
5 Responses to “Guttenberg-Pistole entdeckt: Schießt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gar nicht scharf?”
Ja, ja machen Sie sich nur lustig – die Geschichte wird sie mit Missachtung strafen und uns recht geben:
Uneingeschränkte Solidarität mit Dr. zu Guttenberg!
[…] Guttenberg-Pistole entdeckt: Schießt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gar nicht scharf? … endoplast […]
[…] Person wurde oft als kalkulierte Inszenierung für die Medien gesehen. Wie sehr er tatsächlich ein Medien-Produkt war, zeigt diese vielsagende Dokumentation. […]
[…] Guttenberg, der seine akademische Arbeit aus den Ideen anderer zusammenschreibt und dies sogar noch offensiv in den Medien rechtfertigt? Eine Europa-Abgeordnete, die erst zum Teil durch Abwesenheit in die kritische […]
[…] mit dem Thema befasst haben. Im Zweifelsfall genügt eine Pointe oder eine witzige Wendung, eine sympathische Einlassung auf die Frage eines Journalisten oder aber eine schlagfertige Rückfrage, die den politischen […]