11. Juli 2010. Der 25. Spieltag der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Die niederländische Mannschaft, die bisher viel hochklassigen Fußball in dieser WM gezeigt hat, vor allem, nachdem Robben wieder voll mitgemischt hat, trifft auf Spanien, das als Favorit galt und den konzentriertesten Angriffsfußball bisher geboten hat.
Klar, es ist ein Endspiel. Die Fußballer agieren hochnervös, foulen andauernd. Es hagelt bereits in der ersten Halbzeit GelbeKarten. Jede Aktion wird gestört. Die Spanier trumpfen nicht so auf, wie man sie bisher gesehen hat. Es geht um alles. Gemessen an der bisherigen Weltmeisterschaft stehen die beiden Mannschaften verdientermaßen im letzten Spiel dieser Weltmeisterschaft. Beide Mannschaften waren bisher hochgradig torgefährlich – auch gegen schwierige Gegner.
Die deutsche Mannschaft: Ebenbürtig?
Die deutsche Mannschaft hätte man sich hier auch vorstellen können, wenn die jungen Spieler schon länger miteinander gespielt und sich aufeinander hätten einstellen können. Wenn man bedenkt, dass ein Spieler wie Thomas Müller erst seit ein paar Monaten in der Nationalmannschaft mitgespielt hat, können die deutschen Fans mit dem dritten Platz sehr ztufrieden sein.
Die Angst spielt letztenendes immer mit
Warum ist ein Endspiel fast nie das beste Spiel einer Weltmeisterschaft? Weil es um so viel geht, man so viel verlieren kann, weil die Angst als 12. Mann in jeder Mannschaft mitspielt. Diese Angst macht aus talentierten oder versierten Mannschaften Bibber-Boys, die alles tun, um nicht zu verlieren. Sie schlagen zu und foulen ohne Ende, sie vergessen ihre Leichtigkeit. Weltmeister wird nicht der, der die gegnerische Mannschaft besiegt sondern der, der als erster seine eigene Angst überwinden kann.
Das Endspiel am 11. Juli 2010: Spanien gegen Niederlande (1:0)
4. Minute: Möglichkeit für Spanien. Xavi mit Freistoß auf Ramos. Niederlandes Torhüter Martin Stekelenburg wehrt ab.
8. Minute: Niederlandes Kuyt mit Weitschuß (ca. 20 Meter) direkt auf’s spanische Tor. Aber kein Problem für Keeper Casillas.
11. Minute: Ramos mit Direktschuß aus spitzem Winkel. Heitinga klärt vor der Linie.
12. Minute: Der Spanier David Villa mit Direktball. Außennetz.
18. Minute: Niederlandes Wesley Sneijder mit Direktschuß aus fast 40 Metern. Casillas hält.
46. Minute: Chance für die Niederlande. Robben mit Flachschuß. Iker Casillas lenkt den Ball am Pfosten vorbei.
Halbzeit: Leichte Übermacht der Spanier in einem chaotisch-fragmentierten Spiel, das nicht schön anzusehen ist. Die zweite Halbzeit wird’s bringen. Oder auch nicht.
52. Minute: Robben mit Direkt-Flachschuß aus ca. 20 Metern Entfernung. Der Torhüter hält.
60. Minute: Die Spanier haben den Druck im ersten Drittel der zweiten Halbzeit erhöht. Das Spiel ist immer noch durch Fouls und Klein-Klein geprägt.
62. Minute: Arjen Robben alleine vorm spanischen Tor. Das wär’s gewesen. Aber der Torwart hat noch den Fuß dran. Glück für Spanien.
69. Minute: Die Spanier machen immer mehr Druck mit ihren bekannten superschnellen Aktionen. Riesenchance für Spaniens David Villa. Hätte aus sehr spitzem Winkel direkt vor’m niederländischen Tor ‚reingehen können. Der Torhüter wäre bei etwas besserer Plazierung nicht drangekommen. So aber über’s niederländische Tor.
76. Minute: Alsonso mit Querpass auf Villa direkt neben dem niederländischen Tor. Sehr exakt gespielt. Villa nimmt ihn direkt. Aber weit über’s gegnerische Tor. Trotzdem beeindruckend. Zweite Möglichkeit direkt danach. Wieder Villa.
77. Minute: Noch ’ne Riesen-Möglichkeit für die Spanier durch Ramos per Kopfball. Aber über’s Tor. Die Nervosität und die Fouls, zum Teil nur knapp an der RotenKarte vorbei, lassen nicht nach. Ein hartes Spiel, das jetzt in der Schlußphase durch das spanische Powerplay langsam sehenswert geworden ist.
83. Minute: Wieder der extrem antrittsstarke Robben alleine vor’m spanischen Tor. Scheitert am heraus geeilten Torwart. Sehr gute Aktion, die zeigt, wie konterstark die Niederländer sein können.
90. Minute: Nach 90 Minuten und drei Minuten Nachspielzeit geht das Spiel in die halbstündige Verlängerung. Die Spanier haben zuletzt nicht mehr den von ihnen gewohnten Druck aufgebaut. Die Niederländer konnten Spielanteile wettmachen, mit gefährlichen Kontern punkten, die aber zu nichts geführt haben. Bisher also 0:0. Mal sehen wie es jetzt weitergeht. Jetzt, erst jetzt, ist die Spannung gestiegen.
92. Minute: Tumultartige Szene vor’m niederländischen Tor. Iniesta und Villa kommen zu Fall. Sieht nach Elfer aus. Wird aber nicht gegeben. Wäre für die Niederländer gefährlich geworden.
95. Minute: Fabregast alleine vor’m niederländischen Tor. Der Keeper eilt blitzschnell heraus und schießt den Ball weg. Schneller Konter der Niederländer. Ohne Ergebnis. Eine Aktion reiht sich jetzt an die nächste. Drama.
101. Minute: Jesus Navas auf’s niederländische Tor. Harter Schuß. Außennetz. Sehr knapp.
15 Minuten vorbei: Die erste Hälfte der Nachspielzeit ist durch. Die Spanier dominierten. Die Niederländer waren nicht ungefährlich. Wechsel der Spanier: Villa geht raus, Torres kommt ‚rein.
109. Minute: Niederlandes Johnny Heitinga foult Andrés Iniesta vor dem Strafraum. Dafür gibt es die Gelb-RoteKarte. Die Niederlande nun mit 10 Spielern auf dem Platz.
116. Minute: Iniesta schießt das längst überfällige Tor zum 1:0 für Spanien.
120. Minute: Nach 120 Minuten und zwei Minuten Nachspielzeit gewinnt Spanien mit 1:0. Deutschland hätte vermutlich gegen keine dieser beiden Mannschaften gewonnen, bei denen die Spieler sehr gut miteinander eingespielt sind. Spanien gewinnt verdient dieses Duell und war auch insgesamt die beste Mannschaft dieser Weltmeisterschaft. Auch wenn’s heute ein unfaires Scheißspiel war.
(Text: Kid P.)
Weitere Spielberichte zur Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika
24. Tag: Deutschland gegen Uruguay und die Macht des Fußball-Geldes
23. Tag: Deutschland gegen Spanien oder warum die Krake recht behalten wird
22. Tag: Niederlande gegen Uruguay mit einem hochspannenden Spiel in den letzten 3 Minuten
21. Tag: Deutschland, Argentinien; Spanien, Paraguay mit europäischem Hochleistungs-Fußball
20. Tag: Niederlande gegen Brasilien, Ghana gegen Uruguay
19. Tag: Paraguay gegen Japan, Spanien gegen Portugal
18. Tag: Niederlande gegen Slowakei, Brasilien gegen Chile
17. Tag: Deutschland gegen England, Argentinien gegen Mexiko
16. Tag: Uruguay gegen Südkorea, USA gegen Ghana
15. Tag: Portugal, Brasilien; Nordkorea, Elfenbeinküste; Chile, Spanien; Schweiz, Honduras
13. Tag: England, Slowenien; USA, Algerien; Deutschland, Ghana; Australien, Serbien
12. Tag: Mexiko/Uruguay; Frankreich/Südafrika; Nigeria/Südkorea; Griechenland/Argentinien
11. Tag: Portugal, Nordkorea, Chile, Schweiz, Spanien, Honduras
10. Tag: Slowakei, Paraguay; Italien, Neuseeland; Brasilien, Elfenbeinküste
9. Tag: Niederlande, Japan; Australien, Ghana; Kamerun, Dänemark
8. Tag: Deutschland, Serbien; Slowenien, USA; England, Algerien
7. Tag: Südkorea, Argentinien; Griechenland, Nigeria; Frankreich, Mexiko
6. Tag: Honduras, Chile; Spanien, Schweiz; Südafrika, Uruguay
5. Tag: Neuseeland, Slowakei; Elfenbeinküste, Portugal; Brasilien, Nordkorea
3. Tag: Slovenien, Algerien; Ghana, Serbien; Deutschland, Australien
2. Tag: Südkorea, Griechenland; Argentinien, Nigeria; USA, England
1. Tag: Südafrika, Mexiko; Uruguay, Frankreich
3 Responses to “WM2010 (25): Spanien gegen Niederlande oder warum die Angst im Endspiel als 12. Mann immer mitspielt”
So’n Quatsch. Besser? Was die NL anbelangt wohl eher brutaler: 8 mal gelb, einmal gelb-rot (und damit eine rote Karte zuwenig!)! Die Spanier 5 mal gelb. Das war kein Fußball-Finale sondern eher Mannschafts-Kickboxen mit Stollen (Gott sei dank nicht mit Holzschuhen – holzen können die Niederländer auch ohne!).
Schöner Fußball ist was anderes, aber wer sagt denn, dass bei der WM die beste Mannschaft gewinnt? Die beiden hier haben eins der jämmerlichsten Finale gespielt, die NL vor allem in Punkto Fairness – und da kennen wir ja unsere unfairen Nachbarn aus eigener Erfahrung, fragt mal Tante Käthe.
Auf dieses Spiel bezogen hat zwar die richtige Mannschaft gewonnen, aber die beste WM haben die Deutschen gespielt – und das ist fast der einzige Unterschied zur WM 2006. Ansonsten hatte man deja vu en masse.
A propos deja vu: Gratulation Thomas Müller zum Torschützenkönig!
Die Niederlande hatte mit ihrem harten Spiel ein passendes Mittel gegen die Spanier parat gehabt, aber gereicht hatte es dann doch nicht für den Sieg.
[…] und Illustration, um kleine Streifzüge durch Medien und ihre Philosophie, um Formel 1 und Fußball, um Gedichte und um vieles […]