Die Verhandlungen in NRW zwischen SPD, „Bündnis90/Die Grünen“ und FDP über die so genannte Ampel-Koalition sind gescheitert. Das hat Andreas Pinkwart von der FDP mitgeteilt. Wer im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen gut zugehört hatte, konnte schon damals bemerken, dass das Thema „Bildung“ zum heiß umstrittenen Kernthema geworden war.
Die SPD und „Bündnis90/Die Grünen“ waren für ein Schulsystem, in dem ein gleichrangiges Miteinander der Schüler favorisiert wurde, CDU und FDP wenden sich gegen die „Einheitsschule“ und wollen ein mehrgliedriges Schulsystem, so wie es bereits vorhanden ist.
Welche Möglichkeiten bleiben noch?
So nimmt es nicht Wunder, dass nun die Koalitionsverhandlungen gescheitert sind, vor allem an eben diesem Punkt. Es geht dabei aber um mehr, um das Menschenbild und die Ideologie, die dahinterstecken. Durch das Scheitern der Verhandlungen sind nun noch drei Möglichkeiten, eine Regierung in Nordrhein-Westfalen zu bilden, übrig geblieben: Noch-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers könnte die SPD zu einem zweiten Gesprächsreigen einladen, nachdem der erste nicht erquicklich war und Hannelore Kraft eigentlich weitere Gespräche mit der CDU schon negiert hatte. Zum zweiten wäre eine Minderheitsregierung von SPD und „Bündnis90/Die Grünen“ unter Duldung von „Die Linke“ möglich. „Die Linke“ halten beide Parteien aber für politisch weder verlässlich noch konstruktiv. Eine Kooperation mit „Die Linke“ scheint daher nicht sehr wahrscheinlich. Die dritte Möglichkeit wären Neuwahlen.
Strategische Überlegungen
Hannelore Kraft wird sich mit dem Bundesvorstand zusammensetzen und dann entscheiden, was die beste Möglichkeit ist. Eines jedoch ist klar: Die SPD hat mit den Zugewinnen an Wählerstimmen in NRW ein Erfolgszeichen gesetzt, das auch bundespolitische Abstrahl-Wirkung hat. Würde sie sich auf eine labile und konfliktdurchtränkte Regierungsarbeit einlassen, bestünde die Gefahr, dass der positive Effekt zunichte gemacht würde – ein Imageverlust würde damit einhergehen und die SPD wieder zurückwerfen. Will Hannelore Kraft neben einem Ministerpräsidenten Rüttgers die zweite Geige spielen? Oder wären nicht Neuwahlen in Zeiten, in denen die große Koalition noch weiter geschwächt ist, die beste – wenn auch risikobehaftete -Variante?
Kommt es zu einer Neuwahl?
Ein Monat ist seit der Wahl vergangen und die SPD muß den Schwung, der sich daraus ergeben hat, nutzen. Hannelore Kraft als Vorsitzende jener politischen Kraft die wieder hinzugewonnen hat, wieder erstarkt ist und damit aktiv auf die anderen parteien zuzugehen hatte, hat dabei einige Fußangeln zu umgehen gehabt: Nicht in die Ypsilanti-Falle tappen, die eine Zusammenarbeit mit „Die Linke“ ergeben könnte. Rüttgers verhindern, der sich als höchst felxibler Stratege zwar in seiner Vielgestaltigkeit verheddert hat aber mit nur wenigen Stimmen mehr als die SPD machtbewußt weiter regieren will. Andererseits wäre ein Bündnis mit einem schwierigen Partner wie der FDP herzustellen gewesen, der sein politisches Gewicht gemessen an der Anzahl seiner Wählerstimmen selbst zu hoch bewertet. Die naheliegende Lösung scheint eine Neuwahl zu sein, die es dem Wähler überlässt, klarer zu entscheiden. Seltsam, wie weit die demokratischen Parteien auseinanderliegen, wenn es um ihr politisches Kalkül geht.
Artikel nach der Wahl:
NRW-Wahl: Rot-grün-rote Gespräche gescheitert und was passiert jetzt?
NRW-Wahl: Koalitionsverhandlungen als Hütchenspiel im Poker-Schach
Linke: Lafontaine’s Rostocker Abschiedsrede
Bundespolitik: Das Ende der Regierbarkeit
NRW-Wahl: Welche Koalition denn nun?
NRW-Wahl: Wer kann was am besten?
NRW-Wahl: Der Koalitions-Polit-Tanz (Video)
NRW-Wahl: Die Top-Koalitionspartner (Video)
Artikel vor der Wahl:
NRW-Wahlkampf (1): Die CDU malt Rüttgers in Schwarzweiß
NRW-Wahlkampf (2): Die SPD mit echt fetten Aussagen
NRW-Wahlkampf (3): „Die Linke“ mit Gysi in Recklinghausen
NRW-Wahlkampf (4): „Die Linke“ mit Lafontaine in Essen
NRW-Wahlkampf (5): Die CDU und die Doppelbödigkeit der Politik
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