Willkommen Mr. Death: Warum die Wirklichkeit der real existierenden Produktions-Prozesse niederschmetternd sein kann.

Willkommen Mr. Death: Warum die Wirklichkeit der real existierenden Produktions-Prozesse niederschmetternd sein kann.

Die Welt kann unbarmherzig sein. Komfortabele Elektronik und geschundene Menschen kollidieren. Wir leben in einer verkommenen Welt, schmieren uns Schminke ins Gesicht und lassen bei Tierversuchen Lebewesen leiden und sterben. Wir zelebrieren in Kochsendungen das Zubereiten leckerer Fleischgerichte oder produzieren Bärchenwurst aber wollen nicht sehen, wie blutig es im Schlachthaus zugeht.

Die Beschreibung dieser Fakten mag vom Standpunkt einer harten Weltsicht weinerlich klingen. Jedoch sterben die so genannten Versuchs-Tiere für eine relative Nichtigkeit, damit Menschen vermeintlich gut aussehen. Anders ausgedrückt: Viel Schönheit erfordert also viel Hässlichkeit. Die Schönheit verkehrt sich in ihr Gegenteil.

Schöne neue Arbeitswelt
Genauso verhält es sich mit der schönen neuen Apple-Welt. Man kann trefflich darüber fabulieren, wie toll die Apple-Geräte und wie wundersam die sprudelnden Gewinne des Computer-Konzerns sind. Dahinter steckt, so liest man in den letzten Tagen, noch etwas anderes: Das iPhone wird in China hergestellt, vom weltgrößten Elektronik-Hersteller Foxconn, der über 800.000 fleissige Arbeiterlein gebietet. Da fällt es vielleicht nicht weiter auf, wenn sich einige von ihnen auch mal das Leben nehmen.

Das bittere Ende: Hunderttausende Chinesen als Lemminge
In diesem Jahr haben im Werk in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, in dem alleine 300.000 Menschen arbeiten, 11 Arbeiter versucht, sich umzubringen. 9 davon waren erfolgreich, zwei haben überlebt. Experten sagen, es liege an den Arbeitsbedingungen. Der Vorsitzende der Hon-Hai-Gruppe, des Mutterekonzerns von Foxconn, Terry Kuo, sagte, dass die Arbeitsbedingungen nicht schuld seien, dass vielmehr die Berichte über Einzelfälle in den Medien dazu geführt hätten, dass sich weitere Arbeiter umgebracht hätten. Dann wollen wir mal hoffen, dass der sprichwörtlicvhe chinesische Gruppenzwamng nicht am Ende dazu führt, dass sich die Belegschaft komplett selbst entvölkert und die Produktions-Maschinen für die herrlich schönen iPhones stehen bleiben.

Weltoffenheit und geschlossene Produktions-Kreisläufe
Das iPhone ist ein Symbol für technische Kommunikation mit menschlichem Antlitz. Im Wunder-Werk in Shenzhen dürfen die Mitarbeiter aber angeblich nicht miteinander sprechen. Viele der Mitarbeiter dort leben wie in einer Stadt auf dem Werksgelände und bleiben solchermaßen isoliert. Technische Weltoffenheit und die Geschlossenheit einer High-Tech-Produktionsstätte prallen hier aufeinander und legen ihre Schichten aus Wahrheit und Lüge frei. Für die große, die unendliche Freiheit, die bis zum Horizont zu reichen scheint und darüber hinaus, muß man sich solange in Unfreiheit begeben, bis man nicht mehr kann und sich selbst suizidal heimsucht.

Stark im kommen: Elektronik-Blut
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arum, um Gottes Willen, haben sich die Menschen dort nur selbst gekillt? Sind sie traurig, weil sie das iPhone zwar bauen dürfen, es sich selbst aber niemals leisten können? Oder müssen sie einfach nur kotzen, weil sie die krassen Unterschiede zwischen ihrem kargen Leben und der High-Tech-Welt, die sie mit ihren Produkten mit Leben erfüllen, einfach nicht mehr aushalten? Der Satz „In Asien ist Arbeitskraft eine zu vernachlässigende Größe“ erhält damit eine weitere Bedeutung. Wann nur öffnen wir irgendeine Verpackung von Herstellern wie Apple, Nokia Hewlett-Packard, Sony oder Dell und es fließt richtiges Blut heraus? Das könnte eine fette Kunstaktion sein, aber eine mit sehr direktem Bezug zur Wirklichkeit. Muss Foxconn am Ende noch eine Sargfabrik in sein Firmenimperium integrieren?

Die Selbstmorde als Störmanöver
Laut seinem obersten Boss verhält sich aber alles in Wirklichkeit konträr zur Darstellung des Sachverhaltes in den Medien: Man kümmere sich aktiv darum, suizidalen Tendenzen vorzubeugen. Und tatsächlich tut das Unternehmen sehr viel dafür: Es hat einen Brief an seine Mitarbeiter verschickt, in denen diesen untersagt wird, sich selbst zu killen. Und damit das nicht einfach bedrucktes Papier bleibt, muß jeder Arbeiter das Papier unterschreiben und damit an Eides statt versichern, dass er noch lange unter uns weilen will. Aber nicht nur das, es werden weitere Maßnahmen gegen das drohende Mitarbeitersterben ergriffen. Die Arbeiter, die wie Lemminge in Richtung der Fensterbänke streben, gucken nämlich kurz vorm Springen auf gesiebte Luft, weil das Unternehmens seine Gebäude mit Außen-Netzen ausgestattet hat, um jeden Todessturz im Keim zu ersticken. Außerdem betreibt Foxconn Prophylaxe: Mit ihrer Unterschrift haben die Arbeiter ihrem Arbeitgeber königsgleiche Rechte eingeräumt. Sie dürfen von ihm im Bedarfsfalle in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden – damit Kunden wie Apple nicht schimpfen und um ihr gutes Image bangen müssen, wenn sich wieder einer nach einer Sechs-Tage-á-12-Stunden-Schicht abmurksen will, nachdem er ein Sieben-Tage-24-Stunden-iPhone produziert hat.