Exzentrische Milliardäre, waffenstarrende Blechbüchsen und Mickey Rourke als Bösewicht: Iron Man 2 kann durchaus das Niveau halten, das der Vorgänger vorgegeben hatte. Daneben erahnt man bei diesem Film aber auch so langsam, wie Marvel versucht das Erzählprinzip ihrer Comics auf das Medium Film zu übertragen.
Iron Man, besonders in der Verkörperung von Robert Downey Jr., ist kein Durchschnittssuperheld. Denn wo sich der gewöhnliche Maskenmann in Bescheidenheit übt und seine wahre Identität geheim hält, ließ Tony Stark seiner Profilneurose am Ende des ersten Teils freien Lauf und outete sich selbst als Iron Man. Na ja, einkaufen wird der Milliardär wohl auch vorher nicht selbst gegangen sein, als dass ihn dieser Umstand in seiner persönlichen Freiheit einschränken würde.
Trotzdem bringt ein solcher Schachzug natürlich Neider auf den Plan, die auch gerne so einen fliegenden Anzug hätten. Zum einen ist das die US-Regierung, die von Divisionen metallischer Marines träumt und Starks schmieriger Konkurrent Justin Hammer, der davon träumt, ebendiese metallischen Marines an die US-Regierung zu verkaufen. Dann taucht auch noch beim Formel 1-Rennen von Monaco der wortkarge russische Superschurke Ivan Vanko alias Whiplash auf und greift Stark mit einer Waffe an, die auf der gleichen Technologie wie dessen Rüstung basiert. Dass ihn der Reaktor in seiner Brust, der seinen Anzug antreibt und sein Herz schlagen lässt, gleichzeitig langsam vergiftet, ist in der Situation auch nicht gerade die reine Freude…
Fortsetzungen von Comic-Verfilmungen funktionieren nach einem ganz eigenen Schema: Der zweite Teil ist oft besser als der erste, der dritte dafür umso schlechter. Siehe X-Men, oder Spiderman. Bei den Trailern zu Iron Man 2 hatte man kurz die Befürchtung, diesen könne vor der Zeit das Schicksal des dritten Teils ereilt haben, indem er zuviel in den Film gepackt hätte. Zuviele Handlungsstränge, zu viele neue Figuren in Kostümen, wie Don Cheadle als Iron Mans Sidekick „War Machine“ oder Scarlett Johansson als „Black Widow“.
Diese Sorgen muss man sich aber nicht machen. „Iron Man 2“ bietet schlicht gesagt mehr desselben, und das ist hier nicht negativ gemeint. Wie schon der erste Teil ist auch Iron Man 2 ein Blockbuster, der in erster Linie von der Dynamik der Figuren getragen wird. Alle Charaktere zeigen nachvollziehbare Motivationen für ihre Handlungen und ständig spielen sich selbst zwischen Nebenfiguren kleine Sub-Plots ab. Ebenfalls wie beim Vorgänger fällt auch hier auf, dass der Film ein klares und gut strukturiertes Drehbuch besitzt. Action-Szenen gibt es dann, wenn sie Sinn machen und werden für einen Film dieser Preisklasse erstaunlich sparsam eingesetzt. Aber wenn es dann etwas zu gucken gibt, scheppert es ordentlich.
Durch das Mehr an Figuren bedingt, zerfasert die Story schon ein bisschen mehr als im Original. Auch hat man dieses Mal auf jegliche Bezüge zur Realität, wie der Schauplatz in Afhganistan im ersten Teil, verzichtet, die Geschichte findet nun wieder in einer reinen Comic-Realität statt. Und bei Starks Rockstar-Gehabe fragt man sich durchaus, was ihn denn eigentlich zum Helden macht. Trotzdem bleibt Iron Man 2 gelungene Unterhaltung, bei der man eben nicht das Gehirn ausschalten muss um es sich angucken zu können. Bei den vielen buntlauten effektgepimpten Großproduktionen des letzten Jahres, die mit dreistem Grinsen auf Dingen wie Charakterentwicklung und der Intelligenz des Zuschauers ihre Notdurft verrichteten, ist das schon eine wohltuende Abwechslung.
Interessant ist Iron Man 2 jedoch auch im weiterem Kontext der langfristigen Marketing-Strategie der Marvel Studios. Denn wie schon bei „Iron Man“ und „Incredible Hulk“ häufen sich die Hinweise auf andere und kommende Marvel-Produktionen. Samuel L. Jackson ist wieder als Nick Fury, Chef der Geheimorganisation S.H.I.E.L.D. zu sehen, der diesmal schon anders als im ersten Teil zur eigentlichen Filmhandlung beiträgt, sich jedoch noch sehr im Hintergrund hält. Dann gibt es den fast schon obligatorischen Nach-Abspann-Teaser auf den nächsten großen Marvel-Film, in diesem Fall „Thor“.
All dies gehört zum Masterplan von Marvel, ihre besten Pferde im Stall jeweils in ihren eigenen Filmen debütieren zu lassen (neben „Thor“ fehlt auch noch „Captain America“, ebenfalls in der Pipeline) um sie dann schließlich in „Avengers“ (geplant für 2012 oder 2013) zur Supergroup zusammenzuführen.
Eine sehr ehrgeizige Strategie. Zehn Jahre nach Beginn des Booms der Comic-Verfilmungen markiert sie aber auch so etwas wie den nächsten Schritt in der Entwicklung, denn damit überträgt Marvel die im Mainstream-Superhelden-Comic übliche Erzählstruktur des „Shared Universe“ auf ihre filmischen Entsprechungen. In den Comics wird durch zahlreiche Begegnungen zwischen verschiedenen Figuren deutlich, dass diese die gleiche Welt bewohnen, was oftmals für „Crossovers“ genutzt wird, in denen sich die Geschichten mehrerer Charaktere aus verschiedenen Serien überschneiden und oftmals ein weitaus größerer epischer Bogen gespannt wird als normal.
Das ist natürlich in erster Linie eine Verkaufsstrategie: Der Leser soll so dazu gebracht werden, auch Hefte aus Serien zu kaufen, die er normalerweise nicht liest, und dann am besten auch dabei zu bleiben.
Gleichzeitig bietet sie aber auch die Möglichkeit zu einer nicht-linearen Erzählweise; so können Ereignisse zunächst aus der Sicht von Superheld A, in einem anderen Erzählstrang dann aus der Sicht von Superheld B geschildert werden. So bilden die Geschichten der verschiedenen Serien ein komplexes Geflecht von Kreuzungspunkten, das mit der Zeit immer umfangreicher und komplizierter wird. Das bringt natürlich die Gefahr mit sich, dass sich irgendwann nur noch die eingefleischtesten Fans darin zurecht finden; deswegen bringt etwa Marvel-Konkurrent DC einmal alle Zehn Jahre ein Crossover heraus, das ihr fiktives Universum von unnötigem Ballast befreit und die Kontinuität von Grund auf neu startet und damit auch wieder offen für neue Leser ist.
Dieses Prinzip auf den Film zu übertragen, ist gar nicht mal neu; Roger Ebert hat den „Hyperlink Movie“ bereits als neues Genre ausgemacht, in dem verschiedene Protagonisten jeweils ihre eigenen Geschichten verfolgen die sich oft nur kurzzeitig überschneiden und somit ein zusammenhängende Bild ergeben (Beispielsweise „L.A. Crash“ oder „Babel“ ). Neu ist hingegen, dieses Prinzip nicht innerhalb eines Films anzuwenden, sondern mehrere einzelne Filme auf diese Weise untereinander zu verlinken. Konsequent angewendet, wäre es dadurch sogar möglich, Filme in beliebiger Reihenfolge zu sehen und trotzdem die komplette Geschichte zu erfassen. Das würde Begriffen wie Sequel oder Prequel noch einmal eine ganz neue Dimension verleihen.
Na ja, das sind natürlich höchst theoretische Spinnereien. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass die Studio-Verantwortlichen ihre erhofften Kassenschlager mit einer übermäßig komplexen Dramaturgie belasten werden. Mehr als die Teaser auf den nächsten Film und ein paar Ostereier für den geneigten Fan werden dabei wohl nicht drin sein. Aber man wird ja wohl noch mal träumen dürfen…
2 Responses to “Iron Man 2 – und was danach kommt”
Wer weiß, vielleicht wird der Traum Realität: Marvel als jetzige Disney Unter-Company könnte ja langfristig die Fäden spinnen. Und der finanzielle Nutzen könnte für die Beteiligten immens sein. Beim Comic hatsn ja auch funktioniert. Es wird darauf ankommen, dass die Superhelden-Verfilmungen Kohle machen. Dann werden ambitioniertere Konzepte Wirklichkeit werden.
In Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs, wenn die USA zur Abgabe des westlichen Offenbarungseides gen Asien reisen werden, werden die Superhelden als visuell-metaphorische Sublimations-Surrogate ganz wichtig werden, gerade für die USA.
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