Abbildung mit Genehmigung der Kunsthalle München.
Ab heute ist in der Kunsthalle München eine umfassende Ausstellung zu sehen, die dem Werk des Jugendstil-Künstlers Alfons Mucha gewidmet ist. Es gibt nur wenige Künstler, die in der Öffentlichkeit so mit dem Jugendstil gleichgesetzt werden wie Mucha.
Gutav Klimt, ein anderer Hauptprotagonist des Jugendstils, war gemessen an Mucha eckigerer und morbider und erschien weniger kommerziell. Muchas schwungvolle Linienführung prägte das Idealmaß des eingängigen Jugendstils auch in der damaligen Öffentlichkeit, da viele Entwürfe für die Werbung oder z.B. für Plakate der Theatervorstellungen von Sarah Bernhardt entstanden sind, die weltberühmt war. Vor allem Alfons Muchas Frauenbilder, die er meist für Plakate und die Werbung schuf, sind die prototypische Verkörperung des Jugendstil.
Prototyp Mucha und Modell „Jugendstil“
Am Werk Muchas ist idealtypisch nachzuvollziehen, wodurch der Jugendstil bestimmt ist: Florale Elemente, lineare und ornamentale Darstellungen mit Konturenüberbetonung, immer auf der Suche nach einem vereinfachenden Schönheitsideal. Muchas versteht es, den Detailreichtum vieler Plakate so einzusetzen und zu organisieren, dass das Hauptmotiv visuell nicht beeinträchtigt wird. Im Gegenteil: die ornamentalen Hintergründe betonen und stützen es.
Späte Malerei: Ein neuer Blick auf das Oeuvre
Die Ausstellung zeigt nicht nur die grafischen Arbeiten sondern auch die weniger bekannten monumentalen Bilder der späten Jahre, in denen Mucha sich der Malerei gewidmet hatte. Außerdem sind zeitgenössische Fotografien zu sehen.
Selten gesehen: Die Kreidezeichnungen
Selten waren in einer Ausstellung so viele unterschiedliche Schaffensphasen und Werke Muchas repräsentiert. Die Kreidezeichnungen z.B. sind relativ unbekannt. Die große Retrospektive schafft damit für weite Teile des Publikums einen neuen Zugang zum Werk des stilbildenden tschechischen Künstlers.
Das Buch zur Ausstellung
Das Buch zur Ausstellung gibt die Bilder weder, wie sonst üblich, auf einem glänzenden noch auf einem matten Papier wieder, sondern auf einem offenen Naturpapier. Die Reproduktion der Abbildungen wirkt dadurch wie grafisches Understatement, das der zurückhaltenden Farbgebung Muchas entspricht, bei manchen Motiven ihre Süße an der Grenze zur Oberflächlichkeit etwas abmildert und sie weiter visuell erdet. Der Innenteil des großformatigen Buches bietet den Abbildungen viel Raum. Der Buchumschlag fällt demgegenüber gestalterisch ab.
21 Responses to “Ausstellung: Alfons Mucha in der Kunsthalle München”
Die Gesichtsfarbe der Prinzessin ist ein wenig grün geraten. Ist ihr von ihrer eigenen kitschigen Darstellung übel geworden?
Ist das so? Dann musst Du die Kunsthalle fragen. Die Farben sind unbearbeitet.
Wer sagt denn übrigens, dass Mucha kitschig war? Was ist denn daran Kitsch?
1. Also auf der Seite der Kunsthalle sieht sie „gesünder“ aus, guckst Du: http://www.hypo-kunsthalle.de/
2. ich denke man kann es entweder kitschig finden oder dekorativ, was für mich nah beeinander liegt. Wobei dekorativ nicht kitschig sein muß, was aber beide gemeinsam haben ist die weitgehende Inhaltlosigkeit, es entbehrt Interpretierbarkeit. Etwas wird n u r als „schön“ oder eben übertrieben süßlich (und somit kitschig) empfunden. Letzteres liegt im Auge des Betrachters.
Der Jugendstil, der sehr schöne dekorative Elemente beinhaltet wird bei Mucha für meinen Geschmack überstrapaziert. Gustav Klimt ist da ein ganz anderes Kaliber. Er hat sich zwar auch Stilelemente zu eigen gemacht, dabei aber die Fläche nicht gnadenlos mit ihnen überfrachtet. Außerdem lassen seine Werke neben der Dekorativität auch noch Interpretationsmöglichkeiten offen.
Überhaupt finde ich es schwierig, den Jugendstil in die bildende Kunst zu übertragen, weil er eigentlich ins alltägliche Leben gehörte und da ja auch seine Berechtigung hatte.
„Dekorativ“ würde „inhaltsleer“ bedeuten, wie Du ja auch schreibst. Kann der Inhalt nicht einfach die perfektionierte Schönheit sein? Ist Schönheit ansich kein Inhalt? Sind die Sachen von Albers oder Mondrian denn tiefgründiger? Was ist mit Warhol?
Ich weise außerdem noch einmal auf das außergewöhnliche Geschick Muchas hin, zahlreiche Ebenen mit all ihren Details visuell so zu organisieren, dass sich trotzdem kein Informationschaos als Unübersichtlichkeit ergibt. Das klingt nur nach Handwerk, tatsächlich ist es eine Kunst.
Ich habe das Foto ausgetauscht, es wird jetzt in doppelt so vielen Farben abgebildet. Ich hoffe, das verbessert die Farbwirkung.
Auf Deine Fragen in der Reihenfolge: Nein, nein, ja, ja.
Ohne Inhalt keine Interpretationmöglickeiten, da kann das Vordergründige noch so komplex sein: Es ist eindeutig. Die überperfekte Ausübung des Handwerks ist Können, bildende Kunst ist es jedoch nicht, denn dazu fehlt wiederum die Interpretierbarkeit, die den Horizont des Betrachters erweitert.
Das Bild ist leider farblich genauso geblieben…
Du hast in der Sache der Oberflächlichkeit ja u.U. Recht.
Ich finde aber ganz so eindeutig ist die Angelegenheit trotzdem nicht. Natürlich war vieles, was Warhol gemacht hat, nur dekorativ, z.B. die Fotografien von Prominenten als Auftragsarbeiten. Er war in seiner Spätphase sogar ein regelrechter Apologet der Oberflächlichkeit.
Albers oder Mondrian haben abstrakt mit Farben bzw. Farbflächen gearbeitet. Das ist die Variation formaler Prinzipien. Oder die Op-Art, denk mal an Vasarely. Ich möchte dieser Kunst keineswegs eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Gegenstand der Betrachtung absprechen, aber letztlich passiert auch dort viel über die Thematisierung von Oberfläche.
Um jetzt wieder den Bogen zum Thema zu schlagen: Mondrian hat im historischen Zusammenhang in einer formalen Strenge über Farben und Formen philosophiert. Das hat zum damaligen Zeitpunkt eine neue Sichtweise befördert. Die nicht-oberflächliche Wirkung ist also vor allem im historischen Kontext zu sehen, nach dem Motto: Die Mondrian-Sichtweise im Dialog mit den damalig vorherrschenden Sichtweisen bzw. als deren Contrapunkt. Wenn Du in Nichtkenntnis dieses Kontextes seine Bilder heute betrachtest, in einem ganz anderen ästhetischen Zusammenhang, müsste man sagen: Das sind visuelle Traktate über die Möglichkeit, eine Fläche aufzuteilen, Formen zu bilden, Farben miteinander korrespondieren zu lassen. Kurz: Varianten einer Oberfläche.
Wenn Du Dir nun Mucha ansiehst: Der Jugendstil als eine Strömung ästhetisierten Grafik- und Objektdesigns rund um die Jahrhundertwende, mitten drin Mucha, der das Streben nach Schönheit vor allem beim weiblichen Antlitz und Körper auf die Spitze treibt. Man kann ihm sicher nicht vorwerfen, Oberflächlichkeit zu betreiben, weil er anstatt abstrakter Flächen nun weibliche Anmut thematisiert. Sicher war seine grafische Sichtweise wenig revolutionär. Aber genauso wie abstrakte bildende Künstler viel über Formen und das Zusammenspiel von Farben aussagen hat Mucha das in den „Niederungen“ der Konkretion auch getan.
Ich frage also ganz ernsthaft: Woran kann man die Kritik der Oberflächlichkeit eigentlich festmachen? Liegt es nur am Abbildungsgegenstand? Ist der späte Mucha der Monumentalgemälde ein weniger oberflächlicher Künstler? Oder war der vorherige lediglich ein Kunsthandwerker, wenn man so will, ein Grafik- und Objekt-Designer, während der spätere erst zum Künstler geworden ist?
@Schrammi:
Ich denke, dazu hab‘ ich die Antworten schon gegeben…
Zu der Abbildung der weiblichen Schönheit bei Mucha möchte ich noch ergänzen: Sieh Dir die Gesichter an, in denen sich weniger abspielt als in dem einer Manga-Figur. Das sagt doch alles. Wenn er einer Schönheit huldigt, dann der der Dekoration.
Hier ein Gegenbeispiel zur Verdeutlichung:
http://eaobjets.files.wordpress.com/2009/02/mucha_damenportraet_privatbesitz.jpg
Bei diesem Bild kann man im Gesicht der Dame „lesen“.
So kann man einer Diskussion auch ausweichen.
@Nick;
Wenn eine Diskussion hier bedeutet, sich ständig im Kreis zu drehen, dann weiche ich dem allerdings aus. Bin ja kein Hamster.
Diskussion = Argument + Gegenargument, Argument + Gegenargument usw.
Ich finde schon, dass es eine Überlegung wert ist, ob Künstler, die ausgewiesenermaßen mit Oberflächen experimentiert haben, mehr oder weniger dekorativ anzusehen sind. Einen Mondrian hängt sich manch einer an die Wand, weil er einfach gut aussieht.
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